Ein Unternehmer, der in einer Rechnung einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Steuerbetrag ausgewiesen hat, schuldet auch den Mehrbetrag für den unrichtigen Steuerausweis. Dies ergibt sich aus § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Nun hat der Bundesfinanzhof aber zugunsten eines Immobilienerwerbers entschieden: Hat der Voreigentümer in den Mietverträgen die Umsatzsteuer trotz steuerfreier Vermietung ausgewiesen, so darf dieser unrichtige Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG nicht dem Grundstückserwerber zugerechnet werden (BFH-Urteil vom 5.12.2024, V R 16/22).
Die Klägerin erstand im Jahr 2013 im Rahmen einer Zwangsversteigerung ein Bürogebäude. Die Gebäudeflächen waren größtenteils vermietet. Der Voreigentümer hatte in den Vorjahren in einigen Mietverträgen die Umsatzsteuer offen ausgewiesen, obwohl er dazu nicht berechtigt war, denn die Mieter (z.B. eine Wohnungsbaugesellschaft) erbrachten nur steuerfreie Umsätze und waren nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Klägerin trat in die Mietverträge ein, behandelte die Umsätze aus den genannten Vermietungen nun als steuerfrei, änderte aber nicht unmittelbar die Mietverträge. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Klägerin die in den Mietverträgen offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG schulde. Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen, doch die Revision war erfolgreich.
Begründung: Werden Mietverträge vom Voreigentümer im eigenen Namen abgeschlossen, und werden in diesen Verträgen die Steuerbeträge unrichtig ausgewiesen, kann dieses Verhalten für die Frage des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG nicht dem Neueigentümer zugerechnet werden. Aus dem zivilrechtlichen Eintritt des Neueigentümers in die Mietverträge des Voreigentümers ergibt sich keine derartige Zurechnung. Jedenfalls kann ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dem Grundstückserwerber oder -ersteher nicht nach
§ 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden. Zwar tritt nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 1 BGB im Zwangsversteigerungsverfahren der Ersteher anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Der Eintritt des Erwerbers in ein bestehendes Mietverhältnis dient aber lediglich dem Schutz des Mieters. § 566 Abs. 1 BGB ist folglich nicht als Zurechnungsnorm zu verstehen, die einen vom Voreigentümer veranlassten unrichtigen Steuerausweis dem Grundstückserwerber oder -ersteher zurechnet. Es besteht auch keine zivilrechtliche Pflicht des leistenden Unternehmers, eine gesetzlich nicht geschuldete Umsatzsteuer - etwa auf eine steuerfreie Vermietungsleistung - auszuweisen, durch die in Höhe des unrichtigen Steuerausweises eine Steuerschuld in seiner Person nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG entstehen kann. Eine Zurechnung folgt auch nicht aus § 1 Abs. 1a UStG ("Geschäftsveräußerung im Ganzen"). Schließlich kommt auch die Annahme eines Überwachungsverschuldens nicht in Betracht, wenn der Erwerber in den Mietverträgen nicht als Rechnungsaussteller benannt ist.
Praxistipp:
Ungeachtet des positiven BFH-Urteils sollten Mietverträge, bei denen die Umsatzsteuer unzutreffend ausgewiesen wird, soweit zivilrechtlich möglich, bereits unmittelbar nach dem Grundstückserwerb angepasst werden.
Bestimmte Leistungen, die Arbeitgeber an ihre Mitarbeiter erbringen, sind steuerfrei. Für einige dieser grundsätzlich steuerfreien Leistungen wiederum ist aber Voraussetzung, dass sie "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" gewährt werden. Zum 1.1.2020 wurde dieses Zusätzlichkeitserfordernis gesetzlich geregelt bzw. verschärft. Die Verschärfung beruhte auf dem Jahressteuergesetz (JStG) 2020, das allerdings erst Ende 2020 verkündet wurde, dennoch rückwirkend seit dem 1.1.2020 gilt. Auch gab es - mit unterschiedlichen Anwendungszeitpunkten - Änderungen bezüglich der Einordnung von Geldkarten und Gutscheinen als Sachbezug - vor allem, um damit dem so genannten Geldkartenmodell den Boden zu entziehen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Einschränkung des so genannten Geldkartenmodells und die rückwirkende Verschärfung des Zusätzlichkeitserfordernisses zulässig waren (Urteil vom 30.8.2024, 3 K 1285/22). Doch ob diese Auffassung korrekt ist, muss der Bundesfinanzhof nun in der bereits vorliegenden Revision entscheiden (Az. VI R 28/24).
Der Sachverhalt: Ein Arbeitgeber stellte seinen Mitarbeitern im Rahmen des Geldkartenmodells seit dem Jahre 2018 Kreditkarten zur Verfügung. Monatlich wurden den Kreditkartenkonten der Mitarbeiter jeweils 44 Euro gutgeschrieben. Dementsprechend wurde nach vertraglich vereinbarter Gehaltsumwandlung der monatliche Bruttoarbeitslohn um
44 Euro reduziert. Der einem Kreditkartenkonto zugeführte Betrag durfte nur für die Bezahlung von Sach- oder Dienstleistungen verwendet werden, eine Barauszahlung durfte nicht erfolgen. Der infolge der Steuerfreiheit reduzierte Lohnsteuerbetrag wurde der betrieblichen Altersvorsorge der Mitarbeiter zugeführt. Diese rechtliche Handhabung entsprach auch einer im Jahre 2019 ergangenen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18). Doch nach der Gesetzesänderung im Jahre 2020 erkannte das Finanzamt das Modell nicht mehr an und forderte vom Arbeitgeber nun (ab April 2020) Lohnsteuer auf den jeweils "umgewandelten" Betrag. Hiergegen wandte sich dieser und machte unter anderem geltend, dass die Gesetzesänderung eine steuerlich unzulässige Rückwirkung entfalten würde. Doch Klage und Einspruch blieben erfolglos. Die neue Regelung zum Zusätzlichkeitserfordernis betreffe im Streitfall zwar bereits abgeschlossene Anmeldungszeiträume der Lohnsteuer. Doch ein Arbeitgeber müsse eine rückwirkende gesetzliche Regelung im Regelungsbereich der Lohnsteuer grundsätzlich hinnehmen.
In den vergangenen Jahren sind die Anforderungen an die ordnungsgemäße Kassen(buch)führung zunehmend verschärft worden. Nun hat die Oberfinanzdirektion Karlsruhe ihr Merkblatt mit dem Titel "Informationen zum Thema Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung" (Stand 30.12.2024) überarbeitet. Sie finden dieses unter folgenden Link:
https://ofd-bw.fv-bwl.de/,Lde/Startseite/Service/FAQ+-+Steuern (dort unter "Kassenbuchführung"). Die Oberfinanzdirektion stellt zum einen die Grundsätze für den Einsatz elektronischer Registrierkassen dar, weist zum anderen aber auch darauf hin, dass es nach wie vor zulässig ist, so genannte offene Ladenkassen zu verwenden. Eine Pflicht zur Führung einer Registrierkasse besteht nicht.
Praxistipp:
Bei der offenen Ladenkasse sind jedoch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung mit hohem Aufwand verbunden. Daher ist eine solche Kasse in Betrieben mit vielen Bargeldvorgängen nicht empfehlenswert.
Beim Einsatz digitaler Systeme ist darauf zu achten, dass eine komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten ermöglicht wird. Das sind insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten (z.B. Artikelpreisänderungen, Nutzerkennung). Diese Pflicht betrifft im Übrigen nicht nur die Registrierkassen selbst, sondern auch die Vor- und Nebensysteme wie zum Beispiel Waagen mit Registrierkassenfunktion und Taxameter. Diese Systeme unterliegen denselben Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten wie die eigentlichen Buchführungssysteme.
Praxistipp:
Wer ein elektronisches Aufzeichnungssystem, insbesondere digitale Registrierkassen, nutzt, muss dem Finanzamt verpflichtend diverse Informationen übermitteln, beispielsweise die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE), die Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems, dessen Seriennummer, das Datum der Anschaffung des Aufzeichnungssystems und gegebenenfalls das Datum von dessen Außerbetriebnahme. Geregelt ist dies in § 146a Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV). Die Mitteilung von vor dem 1. Juli 2025 angeschafften elektronischen Aufzeichnungssystemen (im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 KassenSichV) ist bis zum 31. Juli 2025 zu erstatten.
Gemeinnützige Vereine dürfen ihre Mittel nur entsprechend ihrer Satzung verwenden. Dies muss grundsätzlich sogar zeitnah geschehen, das heißt, es darf "kein Vermögen angehäuft" werden. Allerdings lässt es das Gesetz, namentlich die Abgabenordnung zu, dass Rücklagen gebildet werden. So lautet § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO: "Körperschaften können ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung nachhaltig zu erfüllen." § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO wurde allerdings durch das Jahressteuergesetz 2024 mit Wirkung vom 1.1.2025 neu gefasst. Die Wörter "nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung" haben sich zuvor nicht im Gesetz befunden. Das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein führt dazu in einem Erlass jüngeren Datums aus: Die Regelung stellt klar, dass bei der Rücklagenbildung zur Erfüllung der ideellen Zwecke auf die Planung der steuerbegünstigten Körperschaft aus der exante Perspektive abzustellen ist. Damit wird für steuerbegünstigte Körperschaften mehr Rechts- und Planungssicherheit geschaffen, um insbesondere langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben umsetzen zu können. Bei umfangreichen und regelmäßig sehr langfristigen Investitionsvorhaben, insbesondere im Immobiliensegment, sollen erforderliche nachträgliche Anpassungen in der Planung erlaubt werden (FinMin Schleswig-Holstein, Erlass vom 18.12.2024, VI 314 - S 2720-019).
09.06.2025Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind mit dem so genannten Besteuerungsanteil steuerpflichtig - so heißt es gemeinhin. Tatsächlich ist die Besteuerung aber etwas komplizierter, denn es gilt: Im ersten und zweiten Bezugsjahr sind die Renten mit dem Besteuerungsanteil steuerpflichtig, der für das Jahr des Rentenbeginns gesetzlich festgelegt ist. Bei Rentenbeginn im Jahre 2024 sind es 83 Prozent. Der Restbetrag im zweiten Jahr ist der persönliche Rentenfreibetrag, der in Euro ermittelt und dann zeitlebens festgeschrieben wird. Ab dem dritten Jahr ist die Rente in voller Höhe nach Abzug des persönlichen Rentenfreibetrages und des Werbungskosten-Pauschbetrages von 102 Euro steuerpflichtig. Laufende Rentenerhöhungen ab dem dritten Bezugsjahr sind folglich immer in vollem Umfang steuerpflichtig. Regelmäßige Rentenanpassungen führen nicht zu einer Neuberechnung des persönlichen Rentenfreibetrages. Aber: Eine Neuberechnung des Rentenfreibeitrages erfolgt, wenn sich die Rente aus außerordentlichen Gründen ändert, zum Beispiel bei Rentennachzahlungen. Was aber gilt bei einer Anpassung der Witwen- bzw. Witwerrente aufgrund der Anrechnung eigenen Einkommens? Mit dieser Frage muss sich nun der Bundesfinanzhof befassen
(Az. X R 4/25; Vorinstanz: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7.11.2024, 14 K 9179/21).
Der zugrunde liegende Sachverhalt: Der Kläger bezog eine Witwerrente von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV), nachdem seine Ehefrau im Jahr 1999 verstorben war. Der Rentenfreibetrag wurde mit 50 Prozent von
7.811 Euro = 3.906 Euro festgeschrieben. Die DRV stellte viele Jahre später fest, dass sie aufgrund unterbliebener Anrechnung von Einkommen des Klägers eine zu hohe Witwerrente an ihn gezahlt hatte. Sie forderte vom Kläger überzahlte Beträge zurück und berechnete überdies die künftig auszuzahlende Witwerrente neu. Die DRV übermittelte dem Finanzamt für das Jahr 2018 einen Jahresbetrag der Witwerrente von nur noch 5.642 Euro. Darin sei ein so genannter Anpassungsbetrag von 966 Euro enthalten. Das Finanzamt besteuerte die Witwerrente nun wie folgt:
5.642 Euro abzgl. 966 Euro = 4.676; steuerfrei davon sind 50 % = 2.338 Euro. Steuerpflichtig sind nun 3.304 Euro. Hiergegen wandte sich der Kläger. Seines Erachtens sei der steuerfreie Teil der Witwerrente weiterhin mit 3.906 Euro anzusetzen. Klage und Einspruch blieben aber ohne Erfolg.
Die Begründung: Im Falle der Veränderung des Jahresbetrags einer Witwer- oder Witwenrente aufgrund von Einkommensanrechnungen hat eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente zu erfolgen. Hierfür spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber die Einkommensanrechnung ausdrücklich als Grund für eine Neuberechnung des steuerfreien Teils einer Rente angeführt hat (BT-Drucks. 15/3004 vom 29.4.2004). Dies ist sachgerecht, weil andernfalls etwa ein vorübergehend fehlendes anzurechnendes Einkommen des Rentenempfängers zu Beginn der Rentenzahlung zu einem dauerhaft (zu) hohen Steuerfreibetrag führen würde, während ein sehr hohes anzurechnendes Einkommen des Rentenempfängers zu Beginn der Rentenzahlung gegebenenfalls zu gar keinem steuerfreien Rentenbezug führen würde.
Praxistipp:
Andere Finanzgerichte haben ebenso wie das FG Berlin-Brandenburg entschieden (z.B. FG Köln, Urteil vom 7.4.2017, 8 K 1489/15). Dennoch wurde im Besprechungsfall die Revision zugelassen, die auch eingelegt worden ist.
Die Absetzung für Abnutzung (AfA) bei vermieteten Immobilien darf nur von den Anschaffungskosten des Gebäudes, nicht aber vom Wert des Grund und Bodens erfolgen. Wer also ein Haus oder eine Eigentumswohnung erwirbt, muss den einheitlichen Kaufpreis für AfA-Zwecke um den Grund-und-Boden-Anteil kürzen. Das Bundesfinanzministerium stellt für die Kaufpreisaufteilung eine Arbeitshilfe zur Verfügung, die nun aktualisiert worden ist. Die Arbeitshilfe und eine entsprechende Anleitung können auf den Internetseiten des BMF abgerufen werden (www.bundesfinanzministerium.de; Suchbegriff "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück").
Praxistipp:
Im Jahre 2020 hatte der Bundesfinanzhof eine frühere Version der Arbeitshilfe weitestgehend verworfen (BFH-Urteil vom 21.7.2020, IX R 26/19). Das BMF hat seine Arbeitshilfe daraufhin überarbeitet, doch es gab weiter Kritik. Ob die jüngste Version der Arbeitshilfe nun "gerichtsfest" geworden ist, wird die Zukunft zeigen. Um Streitigkeiten nach Möglichkeit von vornherein zu vermeiden, ist unbedingt zu empfehlen, bereits im notariellen Kaufvertrag eine Aufteilung des Kaufpreises vorzunehmen. Die Finanzämter sind an diese Werte gebunden, "solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen" (BFH-Urteil vom 16.9.2015, IX R 12/14). Doch wann bestehen solche nennenswerten Zweifel? Beispielsweise hat das Finanzgericht Düsseldorf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung nicht anerkannt, weil der vereinbarte Kaufpreisanteil für den Grund und Boden den Bodenrichtwert um rund 30 Prozent unterschritten hatte. Das sei keine geringfügige Abweichung, so dass nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung des Kaufpreises bestehen würden. Im Rahmen seiner Urteilsbegründung lässt das Gericht erkennen, dass es auch eine Abweichung um mehr als 20 Prozent bereits nicht mehr als geringfügig erachten würde (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.3.2024, 13 K 1262/21 E).
Umzugskosten sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Umzug nahezu ausschließlich beruflich veranlasst ist, private Gründe also eine allenfalls ganz untergeordnete Rolle spielen. Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Aufwendungen für einen Umzug in eine andere Wohnung, um dort erstmals ein Arbeitszimmer einzurichten, aber nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige - wie in Zeiten der Corona-Pandemie - zwangsweise zum Arbeiten im häuslichen Bereich angehalten ist oder durch die Arbeit im Homeoffice Berufs- und Familienleben zu vereinbaren sucht (BFH-Urteil vom 5.2.2025, VI R 3/23).
Vor Beginn der Corona-Pandemie übten die Kläger, ein Ehepaar, ihre nichtselbstständige Tätigkeit jeweils überwiegend im Betrieb ihrer Arbeitgeber aus. Seit Beginn der Corona-Pandemie verlagerten die Kläger - den Anweisungen bzw. Bitten ihrer Arbeitgeber folgend - ihre Tätigkeit in die eigene Drei-Zimmer-Wohnung, die sie gemeinsam mit ihrer Tochter nutzten. Die Wohn-/Arbeitssituation wurde jedoch als unbefriedigend empfunden, so dass die Kläger nach einer größeren Wohnung suchten. Sie mieteten schließlich eine circa 110 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung an, in die sie im Mai 2020 einzogen. Zwei Zimmer der neuen Wohnung statteten sie büromäßig aus und nutzten diese als häusliche Arbeitszimmer. Den Aufwand für die Nutzung der Arbeitszimmer und die Kosten für den Umzug in die neue Wohnung machten sie als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Arbeitszimmer an, den Abzug der Kosten für den Umzug lehnte es jedoch ab. Zurecht, wie der BFH nun geurteilt hat.
Begründung: Es lag keine nahezu ausschließliche berufliche Veranlassung für den Umzug vor. Eine rein berufliche Veranlassung fehlt auch dann, wenn in der neuen Wohnung (erstmals) die Möglichkeit zur Einrichtung eines Arbeitszimmers besteht. Auch in einem solchen Fall ist wegen des natürlichen Bestrebens nach einer Verbesserung der Wohnqualität nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu ermitteln, ob die Einrichtung des Arbeitszimmers Anlass oder nur Folge des Umzugs ist. Zwar hat sich die Arbeitswelt erheblich gewandelt. Allerdings ändert auch die zunehmende Akzeptanz von Homeoffice, Tele- und Remote-Arbeit (ortsunabhängiges/mobiles Arbeiten) nichts daran, dass der Wunsch, im privaten Lebensbereich in einem Arbeitszimmer zu arbeiten, nicht allein auf objektiven beruflichen Kriterien, sondern in erster Linie auf privaten Motiven und Vorlieben beruht. Dies gilt selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger über keinen anderen (außerhäuslichen) Arbeitsplatz verfügt, weil er - wie in Zeiten der Corona-Pandemie - (zwangsweise) zum Arbeiten im häuslichen Bereich angehalten ist oder er durch die Arbeit im Homeoffice Berufs- und Familienleben zu vereinbaren sucht. Ob es sich um ein steuererhebliches häusliches Arbeitszimmer handelt, ist wegen des multikausalen Veranlassungszusammenhangs insoweit ebenfalls unerheblich. Denn auch mit der Einrichtung eines (häuslichen) Arbeitszimmers geht nicht nur eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einher, es verbessert sich stets auch die private Wohnsituation insoweit, als der ansonsten mit der Arbeitsecke belastete Wohnraum nunmehr davon ungestört genutzt werden kann.
Freiberufler erzielen Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und sind nicht gewerbesteuerpflichtig. Haben sich Freiberufler zu einer Sozietät zusammengeschlossen, ist aber eine Steuerfalle zu beachten, die unter den Namen "Abfärberegelung" und "Infektionstheorie" bekannt ist. Danach dürfen einzelne Gesellschafter keiner gewerblichen Tätigkeit nachgehen. Verstoßen sie - von Bagatellfällen abgesehen - gegen dieses Gebot, werden die Einkünfte aller Gesellschafter gewerblich "infiziert". Folge: Die Sozietät erzielt gewerbliche Einkünfte und unterliegt insgesamt der Gewerbesteuerpflicht. Nun wird zumeist darauf geachtet, keine typischen gewerblichen Handlungen auszuführen, beispielsweise den Verkauf von Zahnpflegeartikeln in einer Zahnarztpraxis. Etwas weniger bekannt ist aber, dass eine gewerbliche Tätigkeit auch dann vorliegen kann, wenn einer der Gesellschafter - auf seinem Fachgebiet - nicht (mehr) leitend und eigenverantwortlich tätig ist. Immerhin hat der Bundesfinanzhof nun entschieden, dass es unschädlich ist, wenn ein Zahnarzt weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Gesellschaft erbringt und seine behandelnde Tätigkeit nur äußerst geringfügig ist (BFH-Urteil vom 4.2.2025, VIII R 4/22).
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, in der sich mehrere approbierte Zahnärzte zusammengeschlossen haben. Im Streitjahr erzielte die Praxis Umsatzerlöse von rund 3,5 Mio. Euro, wovon gerade einmal 900 Euro auf einen der Seniorpartner entfielen, der hauptsächlich für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig war. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Einkünfte der Gemeinschaftspraxis nicht mehr als freiberuflich, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien. Damit wäre Gewerbesteuer entstanden. Das Finanzgericht hatte die Klage der Ärzte abgewiesen, doch der BFH hat der hiergegen gerichteten Revision stattgegeben. Alle Mitunternehmer erzielten Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit; eine Gewerbesteuerpflicht bestand nicht.
Die Begründung: Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine freiberufliche Tätigkeit, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Erfüllt auch nur einer der Gesellschafter diese Voraussetzungen nicht, so erzielen alle Gesellschafter Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die freiberufliche Tätigkeit ist durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt. Daher reicht die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Berufsgruppen nicht aus. Vielmehr muss festgestellt werden können, dass jeder Gesellschafter die Hauptmerkmale des freien Berufs, nämlich die persönliche Berufsqualifikation und das untrennbar damit verbundene aktive Entfalten dieser Qualifikation auf dem Markt, in seiner Person verwirklicht hat, denn es gibt keine aus der Tätigkeit der übrigen Gesellschafter abgeleiteten freiberuflichen Einkünfte. Die persönliche Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit setzt allerdings nicht voraus, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet.
Das Berufsbild des (Zahn-)Arztes ist in besonderem Maße durch den persönlichen individuellen Dienst am Patienten geprägt. Diese patientenbezogene Betrachtung schließt es indes nicht aus, eine freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit auch anzunehmen, wenn ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer im Rahmen eines größeren Zusammenschlusses von Berufsträgern neben einer gegebenenfalls äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Gesellschaft erbringt. Auch in diesem Fall entfaltet er Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören, denn die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft ist die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen und damit auch Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie der persönlichen Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit.
Wer seinen Steuerbescheid später als 15 Monate nach dem Steuerjahr erhält, bekommt auf eine eventuelle Steuererstattung zusätzlich Zinsen, muss bei einer Steuernachzahlung aber zusätzlich Zinsen entrichten. Während die Nachzahlungszinsen steuerlich nicht abgesetzt werden dürfen, müssen Erstattungszinsen aber als Kapitalertrag versteuert werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Der Bundesfinanzhof hat wiederholt entschieden, dass dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (z.B. BFH Urteil vom 24.6.2014, VIII R 28/12). Und vier Verfassungsbeschwerden bezüglich der Besteuerung von Erstattungszinsen wurden nicht zur Entscheidung angenommen (z.B. BVerfG-Beschluss vom
5.7. 2023, 2 BvR 2671/14; BVerfG-Beschluss vom 12.7.2023, 2 BvR 482/14). Damit ist gesichert, dass Erstattungszinsen zu versteuern sind, während Nachzahlungszinsen vom Abzug ausgeschlossen bleiben.
Nun sind am 20.2.2025 noch anhängige Einsprüche, mit denen geltend gemacht wird, dass die Besteuerung von Erstattungszinsen (§ 233a AO) gegen das Grundgesetz verstoße, per Allgemeinverfügung zurückgewiesen worden. Das heißt: Die Einsprüche sind damit erledigt, ohne dass die jeweiligen Steuerbürger eine schriftliche Mitteilung vom Finanzamt bekommen. Gleiches gilt für entsprechende Anträge, die außerhalb eines Einspruchs gestellt wurden (Oberste Finanzbehörden der Länder vom 20.2.2025, S 0625).
Praxistipp:
Gegen diese Allgemeinverfügung können betroffene Steuerpflichtige allenfalls Klage erheben. Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt ein Jahr.
Der Bundesfinanzhof hat im Jahre 2021 entschieden, dass das derzeitige System der Rentenbesteuerung grundsätzlich verfassungskonform ist. Zwar könne es im konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteuerung von Renten kommen. Diese habe aber in den Urteilsfällen - noch - nicht vorgelegen (BFH-Urteile vom 19.5.2021, X R 33/19 und X R 20/21). Das Bundesverfassungsgericht hat die hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerden als unzulässig verworfen. Die Beschwerden seien nicht substantiiert genug (BVerfG, Beschlüsse vom 7.11.2023, 2 BvR 1140/21 und 2 BvR 1143/21). Zwischenzeitlich hatte die Finanzverwaltung beschlossen, betroffene Steuerbescheide aufgrund der Verfassungsbeschwerden hinsichtlich des streitigen Punktes "Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung" vorläufig ergehen zu lassen (BMF-Schreiben vom 30.8.2021, BStBl 2021 I S. 1042). Doch nun hat das Bundesfinanzministerium verfügt, dass aktuelle Steuerbescheide den Vorläufigkeitsvermerk zur Rentenbesteuerung nicht mehr enthalten (BMF-Schreiben vom 10.3.2025, IV D 1 - S 0338/00083/001/081 und IV C 4 - S 2255/00236/011/001).
Das bedeutet: Sofern aktuelle Steuerbescheide hinsichtlich der Rentenbesteuerung angefochten werden sollen, kann dies nur noch per Einspruch bzw. explizitem Änderungsantrag geschehen. Bereits erteilte Steuerbescheide, die den genannten Vorläufigkeitsvermerk noch enthalten, bleiben aber zunächst vorläufig. Eine allgemeine Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks für Altjahre ist noch nicht beschlossen worden. Die Bescheide sind nach § 165 Abs. 2 Satz 4 AO nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig zu erklären.
Praxistipp:
Noch ist das letzte Wort in Sachen "Rentenbesteuerung" nicht gesprochen. Der BFH muss nämlich erneut über eine mögliche Übermaßbesteuerung von Renten entscheiden. Die Az. der beiden Revisionsverfahrens lauten X R 18/23 und X R 9/24. Vorausgegangen sind ablehnende Entscheidungen des Saarländischen Finanzgerichts vom 25.5.2022 (6 K 449/20) und vom 27.3.2024 (3 K 1072/20). Der Kläger in dem Verfahren mit dem jetzigem Az. X R 9/24 hatte eine ganze Reihe von Argumenten vorgebracht, warum seine Rente - seiner Ansicht nach - zu hoch besteuert werde. Er beanstandete unter anderem, dass ihm eine mathematische Nachvollziehbarkeit der Ertragsanteilsberechnung nicht möglich sei. In dem Verfahren mit dem Az. X R 18/23 geht es um die Besteuerung einer Altersrente in Fällen von DDR-Rentenbeitragszeiten bzw. von Beiträgen, die in der ehemaligen DDR ("Beitrittsgebiet") gezahlt worden sind. Einsprüche gegen Steuerbescheide, die sich auf diese beiden Verfahren stützen, werden auf Antrag ruhend gestellt.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber nach den eingangs erwähnten genannten BFH-Urteilen aus 2021 nicht untätig geblieben ist: Die prozentuale Begrenzung des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen ist ab dem Veranlagungszeitraum 2023 entfallen. Damit sind Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zu berufsständischen Versorgungswerken bzw. ganz allgemein zu einer Basisversorgung - bis zu einem bestimmten Höchstbetrag - bereits seit 2023 zu 100 Prozent abzugsfähig ("Jahressteuergesetz 2022" vom 16.12.2022). Für Renten aus der Basisversorgung steigt der so genannte Besteuerungsanteil ab dem Veranlagungszeitraum 2023 um jährlich nur noch einen halben Prozentpunkt. Auch gibt es Verbesserungen beim Versorgungsfreibetrag und beim Altersentlastungsbetrag ("Wachstumschancengesetz" vom 27.3.2024).