Im Jahre 2020 hatten viele Unternehmer die Corona-Soforthilfe beantragt. Seinerzeit stand sie allerdings unter dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung. Tatsächlich mussten zahlreiche Unternehmer die Soforthilfe später wieder ganz oder teilweise zurückzahlen. Bei Einnahmen-Überschussrechnern ergibt sich steuerlich in diesen Fällen die Frage, ob die Corona-Soforthilfe zunächst im Zeitpunkt der Zahlung, also im Jahr 2020, als Betriebseinnahme zu versteuern und im Jahr der Rückzahlung als Betriebsausgabe abzuziehen ist. Oder ob die Einnahme im Jahre 2020 aufgrund der späteren Rückzahlung (bzw. aufgrund des von Anfang an bestehenden Rückzahlungsvorbehalts) in 2020 außen vor zu bleiben hat. Die Antwort muss nun der Bundesfinanzhof in dem Verfahren mit dem Az. VIII R 4/25 geben. Vorausgegangen ist das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.2.2024 (12 K 20/24). Dieses hat entschieden, dass die Corona-Soforthilfen im Zeitpunkt des Zuflusses steuerpflichtige Betriebseinnahmen darstellen. Die Rückzahlung führt erst später zu Betriebsausgaben und wirkt nicht auf das Jahr der Bewilligung zurück.
Der Kläger war freiberuflich tätig und ermittelte seinen Gewinn per Einnahmen-Überschussrechnung. In 2020 erhielt er eine Corona-Soforthilfe in Höhe von 10.527 Euro. Diese erfasste er als Betriebseinnahme. In 2023 musste er
9.242 Euro zurückzahlen. Nun wandte sich der Kläger gegen die Versteuerung in 2020. In Höhe des zurückzuzahlenden Betrages handele es sich um eine nicht als Betriebseinnahme zu erfassende Darlehensgewährung. In 2020 sei nur der dem Kläger verbleibende Betrag als Betriebseinnahme zu erfassen. Alternativ komme die Annahme eines so genannten rückwirkenden Ereignisses und damit eine Korrektur des Steuerbescheides 2020 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht. Doch sein Anliegen blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt habe zu Recht die Auszahlung der Corona-Soforthilfe in Höhe 10.527 Euro als steuerpflichtige Betriebseinnahme im Streitzeitraum 2020 behandelt
- so das Finanzgericht.
Da im Zeitpunkt der Gewährung der Corona-Soforthilfe ungewiss war, ob und in welcher Höhe überhaupt eine Rückzahlung erfolgen würde und zudem auch der Zeitpunkt nicht feststand, sei die Annahme des Klägers, dass es sich bei der Gewährung der Corona-Soforthilfe um ein Darlehen gehandelt habe, abzulehnen. Soweit die Corona-Soforthilfe nach der Überprüfung durch die zuständigen Stellen zurückgezahlt werden musste, wirke diese Entscheidung im Übrigen auch nicht materiell auf den Zeitpunkt der Gewährung der Soforthilfe zurück. Eine Änderung des Steuerbescheides 2020 nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO scheide damit aus. Eine Steuerfreiheit der Corona-Soforthilfen komme ebenfalls nicht in Betracht. Da die Soforthilfen zum Zwecke des Ausgleichs betrieblicher Fixkosten und nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts geleistet wurden, sei eine Anwendung der Befreiungstatbestände aufgrund der vorliegenden betrieblichen Zweckbindung abwegig.
Praxistipp:
Der BFH muss sich in einem weiteren Verfahren auch mit der Versteuerung der Überbrückungshilfe Plus für Selbstständige (hier: des Landes Nordrhein-Westfalen) befassen. Das Az. dieser weiteren Revision lautet VIII R 34/23. Die Vorinstanz, das FG Düsseldorf, hatte mit Urteil vom 7.11.2023 (13 K 570/22 E) entschieden, dass die Corona-Überbrückungshilfe (hier: für die Monate Juni bis August 2020) in voller Höhe als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen ist. Das FG hatte aber die Revision zugelassen, die auch eingelegt worden ist.
Steuernachzahlungen und -erstattungen werden nach Ablauf einer Karenzzeit verzinst (§ 233a AO). Der Zinssatz betrug früher 0,5 Prozent pro Monat, seit 2019 beträgt er 0,15 Prozent pro Monat. Die Zinsen werden unabhängig von einem Verschulden, etwa aufgrund der zögerlichen Bearbeitung der Steuererklärung durch das Finanzamt, festgesetzt. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass auch ein Billigkeitserlass von Nachzahlungszinsen nicht in Betracht kommt, wenn einem Steuerpflichtigen aufgrund einer zunächst unklaren Erbrechtssituation bestimmte Einkünfte erst nach vielen Jahren zugerechnet werden und die entsprechenden Steuerbescheide - samt Festsetzung hoher Nachzahlungszinsen - ebenfalls erst nach vielen Jahren erteilt bzw. geändert werden (BFH-Urteil vom 9.4.2025, X R 12/21).
Nach dem Tod des Erblassers im Jahre 2012 kam es zu langjährigen Streitigkeiten um die Erbfolge. Erst im Jahre 2018 wurde der Streit beigelegt und der Erbschein erteilt, der den Kläger - neben zwei weiteren Erben - als Erbe auswies. In 2019 ergingen an den Kläger geänderte Steuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2017. Dabei wurden ihm anteilig Einkünfte zugerechnet. Diese beruhten wiederum auf den Feststellungsbescheiden, die an die Erbengemeinschaft gerichtet waren. Mit der Steuernachzahlung wurden hohe Nachzahlungszinsen festgesetzt. Der Erbe beantragte daraufhin den Erlass der gesamten Zinsen aus sachlichen Billigkeitsgründen. Zur Begründung führte er an, es sei jahrelang nicht klar gewesen, wer an der Erbengemeinschaft beteiligt sei und wem welche Einkünfte zuzurechnen seien. Ihn treffe an der Verzögerung keine Schuld. Doch mit seinem Anliegen ist er auch beim BFH gescheitert.
Die Begründung: Der Umstand, dass der Steuerpflichtige aufgrund der unklaren Erbrechtssituation nicht in der Lage war, die Besteuerungsgrundlagen früher zu ermitteln bzw. zu schätzen und eine Vorauszahlung auf die zu erwartenden Steuern zu leisten, um eine Zinsentstehung zu verhindern oder jedenfalls zu reduzieren, begründet keine sachliche Unbilligkeit. Der Liquiditäts- und Zinsvorteil ist typisierend anzunehmen. Diese gesetzgeberische Entscheidung darf durch Billigkeitsmaßnahmen nicht unterlaufen werden. Auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit der Nachlassgegenstände durch den Steuerpflichtigen während des Erbscheinverfahrens kommt es nicht an. Ein Verschulden ist für Zwecke der Steuerverzinsung nach § 233a AO prinzipiell irrelevant.
Wer eine Ferienwohnung zur Einkünfteerzielung besitzt, kann die Fahrten dorthin, etwa zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen, als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend machen. Wenn in einem Jahr aber besonders viele Fahrten erfolgen, kann sich die Frage stellen, ob die Fahrten dorthin nach Reisekostengrundsätzen mit
30 Cent je gefahrenem Kilometer oder nur mit der Entfernungspauschale von 30 Cent je Entfernungskilometer (38 Cent ab dem 21. Entfernungskilometer) abgezogen werden dürfen. Letzteres wäre der Fall, wenn die Ferienwohnung als "erste Tätigkeitsstätte" gewertet würde. Das Finanzgericht Münster hat nun entschieden, dass eine Ferienwohnung tatsächlich eine erste Tätigkeitsstätte darstellen kann und Fahrten dorthin dann nur mit der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind. Im Urteilsfall hat es die Kosten sogar noch um einen nicht abziehbaren Privatanteil gemindert (FG Münster, Urteil vom 15.5.2025, 12 K 1916/21 F).
Der Klägerin, einer GbR bestehend aus Vater und Sohn, gehörten mehrere Ferienwohnungen, die unter Hinzuziehung eines Verwalters vermietet wurden. Zu zwei Wohnungen machte die GbR Fahrtkosten für 77 Tage sowie Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen mit der Begründung geltend, dass die Miteigentümer diese wegen umfangreicher Reparatur- und Wartungsarbeiten häufig aufsuchen mussten. Das Finanzamt hingegen unterstellte, dass die Besuche nicht ausschließlich durch die Arbeiten erforderlich gewesen seien, sondern auch privaten Zwecken gedient hätten. Die Fahrtkosten und die Verpflegungsmehraufwendungen wurden nicht zum Abzug zugelassen. Die hiergegen gerichtete Klage hatte (nur) teilweise Erfolg. Die Verpflegungskosten seien überhaupt nicht zu berücksichtigen. Und die Fahrtkosten seien nur mit der Entfernungspauschale und unter Abzug eines geschätzten Privatanteils anzuerkennen.
Die beiden vermieteten Wohnungen seien jeweils eine erste Tätigkeitsstätte. Eine solche sei nach § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG unter anderem dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer dort mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll. Nach § 9 Abs. 3 EStG gelte dies sinngemäß auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Da die GbR beide Vermietungsobjekte nicht vollständig selbst verwaltet, sondern für beide Objekte Vermittlungs- bzw. Verwaltungsgesellschaften beauftragt habe, fallen in den Wohnungen vom zeitlichen Umfang her
- üblicherweise - allenfalls noch äußerst geringfügige Tätigkeiten an. Wenn die Vermietungsobjekte nun also an 77 Tage aufgesucht wurden, sei die Voraussetzung von mindestens 1/3 der für das jeweilige Objekt erbrachten Tätigkeiten erfüllt. Ausgehend hiervon können Kosten für die Fahrten nur mittels Entfernungspauschale angesetzt werden. Es komme aber zudem auf den Grund der Reise an. Abzugsfähig seien nur Fahrtkosten, die mit der Vermietungstätigkeit zusammenhängen. Bei einer privaten Mitveranlassung seien die Aufwendungen notfalls durch Schätzung aufzuteilen. Eine Kürzung unterbleibe nur, wenn die private Mitveranlassung von untergeordneter Bedeutung ist. Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen wären allenfalls innerhalb der ersten drei Monate anzuerkennen; diese Dreimonatsfrist war im Streitjahr aber bereits abgelaufen.
Praxistipp:
Es wurde zwar die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, doch diese wurde nicht eingelegt. Das Urteil ist also rechtskräftig.
Jahr für Jahr gibt das Bundesfinanzministerium die Richtsatzsammlung heraus, die für viele Branchen beispielsweise die gängigen Rohgewinnaufschläge auf den Waren- und Materialeinsatz auflistet. Die Richtsätze sollen der Finanzverwaltung Anhaltspunkte geben, um Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben. Tatsächlich dient die Richtsatzsammlung oftmals als Schätzungsgrundlage im Anschluss an Betriebsprüfungen, wenn der Prüfer Mängel in der Kassenführung oder Buchführung feststellt. Zumindest kommt es im Rahmen von Außenprüfungen zu Diskussionen, wenn zum Beispiel die Rohgewinnaufschläge des geprüften Betriebs weit unterhalb der Richtsätze laut Richtsatzsammlung liegen. Schon seit einiger Zeit steht die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung in der Kritik, denn wie das zugrunde liegende Zahlenmaterial zusammengetragen wurde und ob es wirklich repräsentativ ist, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar.
Nun hat der Bundesfinanzhof dennoch entschieden, dass ein Steuerpflichtiger keinen Anspruch auf Informationen hat hinsichtlich der Unterlagen, die der Erstellung der amtlichen Richtsatzsammlung zugrunde liegen (BFH-Urteil vom 9.5.2025, IX R 1/24). Im Finanzverwaltungsgesetz bestehe eine spezialgesetzliche Regelung, die eine Vertraulichkeit hinsichtlich des Zustandekommens von Schreiben des Bundesfinanzministeriums und damit auch der Richtsatzsammlung anordne. Damit sei ein Informationsanspruch - im Urteilsfall nach dem Informationsfreiheitsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - ausgeschlossen.
Praxistipp:
Das Urteil bedeutet nicht, dass die Richtsatzsammlung nun ohne Weiteres zur Verprobung von Umsätzen und Gewinnen dienen darf. Die Schätzung anhand der Werte der Richtsatzsammlung unterliegt in vollem Umfang der tatsächlichen und rechtlichen Überprüfung - darauf weist der BFH explizit hin. Im Übrigen ist zu der Frage, ob und - wenn ja - unter welchen Voraussetzungen ein "äußerer Betriebsvergleich" anhand der Richtsätze der amtlichen Richtsatzsammlung des BMF zulässig ist, noch ein Verfahren beim BFH anhängig. Das heißt, es ist noch zu klären, ob die Richtsatzsammlung als Grundlage für Hinzuschätzungen im Rahmen einer Betriebsprüfung dienen kann (BFH-Beschluss vom 14.12.2022, X R 19/21).
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 3.12.2024 (IX R 32/22) entschieden, dass die Beschränkung der Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung auf ausländische Stiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.
Geklagt hatten die in Deutschland lebenden Begünstigten einer Schweizer Familienstiftung. Das Finanzamt hatte diesen unter Berufung auf das Außensteuergesetz das Einkommen (2012) bzw. die Einkünfte (ab 2013) der Schweizer Familienstiftung zugerechnet. Die Kläger hatten daher das Einkommen bzw. die Einkünfte der Schweizer Familienstiftung zu versteuern, obwohl sie keine Ausschüttungen von dieser erhalten hatten. Eine Ausnahme von der Zurechnung versagte das Finanzamt, da diese nach dem Außensteuergesetz nur für Familienstiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens gilt. Der BFH hat den Klägern nun Recht gegeben. Die Kapitalverkehrsfreiheit gilt auch für Drittstaatensachverhalte und gebietet eine Anwendung der Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung auch für Familienstiftungen mit Geschäftsleitung oder Sitz in einem Drittstaat.
Praxistipp:
Für die Praxis bedeutet die Entscheidung insbesondere, dass sich die Begünstigten der im "Common-Law-Raum" weit verbreiteten Trusts auch auf die Ausnahme von der Zurechnungsbesteuerung berufen können. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Erweiterung auf den Umfang der Zurechnungsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz auswirken wird (Quelle: BFH-Pressemitteilung vom 24.4.2025).
Ein Gehalt oberhalb der Minijob-Grenze unterliegt zwar der Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung, doch im so genannten Übergangsbereich (früher Gleitzone) werden die Sozialabgaben für die Arbeitnehmer von einer ermäßigten Bemessungsgrundlage berechnet - und zwar nach einer komplizierten Berechnungsformel. Seit dem 1. Januar 2025 liegt der Übergangsbereich bei den "Midijobs" zwischen 556,01 Euro und 2.000 Euro. Ab dem 1. Januar 2026 wird der Übergangsbereich bei "Midijobs" im Bereich von 603,01 Euro bis 2.000 Euro liegen, da die Minijob-Grenze auf 603 Euro erhöht wird. Ab dem 1.1.2027 wird der Übergangsbereich - aufgrund der weiteren Erhöhung des Mindestlohns auf 14,60 Euro und damit auch der Geringfügigkeitsgrenze auf 633 Euro - zwischen 633,01 Euro und 2.000 Euro liegen.
04.09.2025Im Jahre 2020 wurden viele Apotheker von der Insolvenz eines von ihnen beauftragten Apothekenrechenzentrums erschüttert. Die betroffenen Apotheker haben mitunter sehr hohe Forderungsausfälle zu beklagen. Nun hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Apotheker die Umsatzsteuer für bereits erbrachte Leistungen aber trotz der Insolvenz ihres Rechenzentrums nicht mindern dürfen. Bedient sich ein leistender Unternehmer zur Einziehung seiner Entgeltforderungen eines anderen Unternehmers, einer so genannten Zahlstelle, so vereinnahmt er das Entgelt spätestens dann, wenn die Zahlungen der Leistungsempfänger (der Krankenkassen) bei der Zahlstelle eingehen. Der Umstand, dass die Zahlstelle den vereinnahmten Betrag nicht an den leistenden Unternehmer weiterleitet, führt nicht dazu, dass sich die Bemessungsgrundlage für die vom Unternehmer an die Leistungsempfänger erbrachten Leistungen mindert (BFH-Urteil vom 30.4.2025, XI R 15/22).
Der Kläger, ein Apotheker, übertrug die Abrechnung mit den Krankenkassen einem Rechenzentrum (§ 300 Abs. 2
SGB V). Dieses vereinnahmte die Zahlungen der Krankenkassen und leitete sie anschließend an den Kläger weiter
- bis zur Insolvenz des Rechenzentrums. In seinen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für August und September 2020 berücksichtigte der Kläger zunächst die noch offenen Restzahlungen des Rechenzentrums. Nachdem die Restzahlungen des mittlerweile insolventen Rechenzentrums ausgeblieben sind, legte der Kläger gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldungen jeweils Einspruch ein und machte geltend, dass die Umsatzsteuer wegen der Uneinbringlichkeit der Forderungen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu berichtigen sei. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. In dem Revisionsverfahren wurde das Urteil des Finanzgerichts zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben, rein materiell sieht der BFH die Revision des Klägers aber als unbegründet an.
Das Rechenzentrum gilt als Zahlstelle des Klägers. Dementsprechend erlischt zivilrechtlich mit der Zahlung der Krankenkasse auf das ihr benannte Konto die Entgeltforderung eines Apothekers gegen die Krankenkassen (§ 362 Abs. 1 BGB). Umsatzsteuerrechtlich erhält ein Apotheker den von den Leistungsempfängern an das Rechenzentrum als Zahlstelle entrichteten Betrag für die von ihm erbrachten Leistungen. Die Vereinnahmung des Entgelts erfolgt (spätestens) bei Eingang der Zahlungen der Leistungsempfänger (der Krankenkassen) bei der Zahlstelle. Eine Uneinbringlichkeit des Entgelts scheidet demnach aus, wenn die Leistungsempfänger mit befreiender Wirkung an die Zahlstelle eines Steuerpflichtigen leisten, die Forderung des Steuerpflichtigen gegenüber der Zahlstelle aber uneinbringlich wird.
Werden Aktien wertlos und daher aus dem Depot ausgebucht, sollten betroffene Anleger die entsprechende Steuerbescheinigung ihrer Depotbank sorgfältig prüfen. Hintergrund ist, dass einige Banken die Verluste intern verrechnen, andere hingegen nicht. Dies liegt an einer gesetzlichen Übergangsregelung, die den Banken die unterschiedliche Vorgehensweise bis Ende 2025 ermöglicht.
Die Einzelheiten: Verluste durch Ausbuchung oder Veräußerung wertlos gewordener Aktien dürfen (bzw. durften) seit dem 1.1.2020 mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Die Beschränkung der Verlustverrechnung auf Aktiengewinne gilt (bzw. galt) hier nicht. Es gab jedoch eine betragsmäßige Grenze. Die Verluste konnten nämlich nur mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 20.000 Euro ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste waren dann auf Folgejahre vorzutragen (§ 20 Abs. 6 Satz 6 EStG). Doch mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde die Begrenzung auf 20.000 Euro wieder abgeschafft, und zwar für alle offenen Fälle. § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG wurde gestrichen. Entsprechende Verluste sind also auch über 20.000 Euro hinaus sofort verrechenbar.
Die Kehrseite der Medaille: Durch die Streichung des § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG lebt die alte Regelung des § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG wieder auf. Verluste aus dem Verkauf von Aktien dürfen danach nicht mit allen positiven Kapitalerträgen, sondern nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien verrechnet werden, und zwar im selben Jahr und darüber hinaus in den folgenden Jahren. Als "Verkauf" in diesem Sinne gilt auch die reine Depotausbuchung sowie die Veräußerung von wertlosen Aktien (BMF-Schreiben vom 15.4.2025, IV C 1 - S 2252/00075/016/070, Rz. 59, 63). Das Gesagte gilt für Aktien, die seit dem 1.1.2009 gekauft wurden (§ 52 Abs. 28 Satz 11 EStG).
Banken nehmen eine Verrechnung von Verlusten und negativen Einnahmen mit positiven Kapitalerträgen bereits während des Jahres vor. Hierzu bilden sie so genannte virtuelle "Verlustverrechnungstöpfe", und zwar einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf und einen Aktien-Verlustverrechnungstopf speziell für Verluste und Gewinne aus Aktiengeschäften. Falls nun am Jahresende der Saldo in einem oder in beiden Verlustverrechnungstöpfen negativ ist, gibt es zwei Möglichkeiten (§ 43a Abs. 3 Satz 4 und 5 EStG): Die Bank kann den nicht ausgeglichenen Verlust auf das nächste Jahr übertragen, um künftig fällige Zins- oder Dividendengutschriften oder Veräußerungsgewinne ohne Steuerabzug auszahlen zu können (so genannter Verlustübertrag). Stattdessen können Sie auch beantragen, dass die Bank Ihnen eine Bescheinigung über den verbleibenden Verlust ausstellt. Dann wird der Verlustverrechnungstopf auf Null gestellt. Mit dieser Verlustbescheinigung können Sie den Verlustbetrag dann in Ihrer Steuererklärung geltend machen und gegebenenfalls mit positiven Kapitalerträgen anderer Bankinstitute verrechnen lassen. Die Verlustbescheinigung müssen Sie jeweils zum 15. Dezember des laufenden Jahres bei der Bank beantragen.
Bei wertlos gewordenen Aktien haben die Banken aber - bislang - keine Verlustverrechnung vorgenommen. Zumindest galt dies für Verluste von über 20.000 Euro. Sie haben die Verluste also nicht in den Verlusttopf eingestellt (BMF-Schreiben vom 19.5.2022, BStBl 2022 I S. 742 Rz. 229a). Mit Schreiben vom 15.4.2025 (IV C 1 - S 2252/00075/016/070, Rz. 325) hat das BMF ausdrücklich zugelassen, dass Banken die Rz. 229a bis Ende 2025 weiter anwenden dürfen. Dies beruht auf § 52 Abs. 1 EStG, Art. 5 Nr. 4 i.V.m. Art. 56 Abs. 10 des Jahressteuergesetzes 2024. Das bedeutet, dass einige Banken die interne Verlustverrechnung ihrerseits vornehmen, andere hingegen nicht. Daher bleibt betroffenen Anlegern nichts anderes übrig, als die Steuerbescheinigungen genau zu prüfen und/oder bei ihrer Bank nachzufragen, wie die Handhabung bezüglich wertlos gewordener Aktien ist. Falls die - interne - Verlustverrechnung nicht erfolgt, muss die Verrechnung - wie bisher - im Rahmen der Steuererklärung beantragt werden.
Praxistipp:
Für den Verlustvortrag hat das BMF eine Vereinfachungsregelung erlassen: Sind Verluste aus dem wertlosen Verfall von Aktien noch als Verluste nach § 20 Abs. 6 Satz 6 EStG a. F. erfasst worden, sind diese aus Vereinfachungsgründen in den Verlusttopf für sonstige Verluste nach § 20 Abs. 6 Satz 1 bis 3 EStG zu übernehmen. Dies gilt für den Kapitalertragsteuerabzug und für im Rahmen der Veranlagung festgestellte Verluste. Letztlich können "Altverluste" also auch mit Gewinnen aus anderen Anlagen und nicht nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden (BMF-Schreiben vom 15.4.2025, IV C 1 - S 2252/00075/016/070, Rz. 118).
Unternehmer, die gewisse Umsatzgrößen nicht überschreiten, können die so genannte Kleinunternehmerregelung nutzen. Da diese durchaus vorteilhaft sein kann, stellt sich die Frage, ob Ehegatten bei ähnlichen - selbstständigen - Tätigkeiten jeweils eigenständige Gewerbe anmelden können, damit zwei getrennte Unternehmen vorliegen und jeder Ehepartner für sich die Kleinunternehmerregelung anwenden kann. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung von Eheleuten mit zwei ähnlichen Unternehmen - hier im Bereich der Grabpflege - nicht missbräuchlich ist, wenn außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung dargelegt werden können (FG Münster, Urteil vom 8.4.2025, 15 K 2500/22 U).
Der Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute, die beide im Rahmen eines Minijobs bei einer Kirchengemeinde tätig sind. Im Februar 2016 meldete die Klägerin ein Gewerbe "Grabpflege und Grabgestaltung“ als Einzelunternehmerin an. Der Kläger meldete im September 2016 ebenfalls ein Gewerbe "Grabpflege und Grabgestaltung“ an. Beide Ehegatten beantragten jeweils beim Finanzamt, ab Beginn ihrer Tätigkeit die Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG anzuwenden. Sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann erzielten mit ihren Gewerben jeweils Umsätze unterhalb der Kleinunternehmergrenze; bei einer Addition der Umsätze wäre die Grenze überschritten worden. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Gewerbe bzw. die Unternehmen künstlich aufgespalten worden seien und versagte daraufhin für die Streitjahre die Anwendung der Kleinunternehmerregelung. Die Kläger hingegen sahen keine missbräuchliche Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. Unter anderem trugen sie vor, dass die Grabpflege von der Ehefrau, die Grabgestaltung aber vom Ehemann geleistet worden seien. Ihre Klage war erfolgreich. Das Gericht ist zu der Auffassung gelangt, dass die beiden Unternehmen eigenständig betrieben wurden und die Kleinunternehmerregelung jeweils rechtmäßig in Anspruch genommen worden ist.
Begründung: Eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung führt zu ihrer Versagung beim leistenden Unternehmer (BFH-Urteile vom 11.7.2018, XI R 36/17 und XI R 26/17; EuGH-Urteil vom 4.10.2024,
C-171/23). Bei der Beurteilung, ob die Inanspruchnahme zweckwidrig ist, ist aber auch zu beachten, dass ein Steuerpflichtiger das Recht hat, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. So kann auch eine umsatzsteuerrechtlich vorteilhafte Aufspaltung in verschiedene Unternehmen wirtschaftlich und unternehmerisch durchaus Sinn ergeben (BFH-Urteil vom 11.4.2013, V R 28/12). Demnach liegt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung nur dann vor, wenn Umsätze planmäßig aufgespalten und künstlich zwischen Unternehmen mit dem Ziel verlagert werden, die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten. Eheleute sind nicht verpflichtet, jeweils selbstständige Tätigkeiten in einem Unternehmen zu bündeln und sie "aus einer Hand“ anzubieten. Sie dürfen auch getrennte Unternehmen führen, und zwar selbst dann, wenn sie (nur) hierdurch aufgrund der Höhe ihrer erzielten Umsätze in den Anwendungsbereich der Kleinunternehmerregelung fallen. Es müssen aber außersteuerliche Gründe für die Trennung der Unternehmen vorliegen. Zudem muss für die Kunden erkennbar sein, dass sowohl die Ehefrau als auch der Ehemann eigenständig nach außen auftreten (eigene Gewerbeanmeldung, Leistungserbringung unter eigenem Namen und in eigener Verantwortung, Abrechnung mit jeweils eigener Steuernummer und eigenem Briefkopf, eigene Rechnungs- und Kundennummern).
Praxistipp:
Im Urteilsfall lagen außersteuerliche Gründe für die gewählte Gestaltung vor. So hatte die Ehefrau ausgeführt, dass sie aufgrund der Behinderungen ihrer Kinder den Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten hatte und mit dem Zuverdienst zum Familieneinkommen beitragen wollte. Zum anderen hatte sie dargelegt, dass sie körperlich nicht in der Lage war, Grabsteine zu bewegen und dass diese Tätigkeit - infolge zunehmender Nachfrage - daher von ihrem Ehemann angeboten wurde, während sie sich auf Leistungen der Grabpflege konzentriert hat.
Für ein volljähriges Kind, das das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, haben die Eltern Anspruch auf Kindergeld, wenn es nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland oder einem Jobcenter arbeitsuchend gemeldet ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender ist gemeldet, wer dieser persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt. Doch wann entfällt der Status als arbeitssuchend und damit der Anspruch auf Kindergeld?
Der Bundesfinanzhof vertritt diesbezüglich folgende Auffassung: Da keine ausdrückliche steuerrechtliche Regelung dazu besteht, wann der durch eine Meldung als Arbeitsuchender begründete Status wieder entfällt, sind für das Kindergeldrecht insoweit die Vorschriften des Sozialrechts, hier insbesondere § 38 SGB III, heranzuziehen. Diesbezüglich gilt (vgl. BFH-Urteil vom 22.9.2022, III R 37/21, BStBl II S. 649):
- Liegt eine Pflichtverletzung des Kindes, die die Arbeitsagentur zur Einstellung berechtigt, nicht vor, entfällt die Wirkung einer Meldung als Arbeitsuchender nur, wenn das Kind von sich aus die Beendigung der Arbeitsuchendmeldung verlangt (§ 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III analog). Gleiches gilt, wenn die wirksame Bekanntgabe einer Einstellungsverfügung (Verwaltungsakt) vorliegt.
- Der Wegfall der Wirkung einer Meldung als Arbeitsuchender setzt aber dann nicht konstitutiv die wirksame Bekanntgabe einer Einstellungsverfügung voraus, wenn das arbeitsuchende Kind eine Pflichtverletzung begangen hat, welche die Arbeitsagentur nach § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III zur Einstellung der Vermittlung berechtigt.
- Ist die Vermittlung mangels einer beachtlichen Pflichtverletzung des arbeitsuchenden Kindes zu Unrecht eingestellt worden und fehlt es auch an einer wirksamen Einstellungsverfügung oder eines Antrags des Kindes auf Beendigung der Arbeitssuche, besteht die Arbeitsuchendmeldung für Zwecke des Kindergeldrechts grundsätzlich zeitlich unbefristet - gegebenenfalls bis zum Erreichen des 21. Lebensjahres - fort.
Praxistipp:
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hat nun die "Dienstanweisung Kindergeld" überarbeitet, an der sich die Familienkassen bei der Prüfung des Kindergeldanspruchs orientieren. Es hat dabei die Anwendung des obigen BFH-Urteils verfügt. Danach gilt (DA-KG 2025 Tz. A 14.1): Ist unstreitig, dass die Vermittlung zu Recht eingestellt wurde, kann ohne Weiteres vom Wegfall der Arbeitsuchendmeldung ausgegangen werden. Sollte dies streitig sein, bleibt zu prüfen, ob das arbeitsuchende Kind die ihm obliegenden Pflichten, auf welche § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III Bezug nimmt, nicht erfüllt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Weder die Löschung der Registrierung noch die einvernehmliche Beendigung eines Berufsberatungstermins führen für sich betrachtet zum Wegfall der Arbeitsuchendmeldung.