Wachstumschancengesetz: Die wichtigsten Neuerungen für Selbstständige

Das so genannte Wachstumschancengesetz wurde nach langem Gezerre am 22. März 2024 auch vom Bundesrat verabschiedet. Es enthält zahlreiche Neuregelungen. Folgende wesentliche Änderungen bringt das Wachstumschancengesetz für Unternehmer und Geschäftsführer:

Erhöhung der Freigrenze für Geschenke: Geschenke an Geschäftsfreunde sind als Betriebsausgaben absetzbar, sofern die Ausgaben pro Person und Jahr nicht mehr als 35 Euro betragen. Ab dem 1.1.2024 wird die Freigrenze für Geschenke an Geschäftsfreunde von 35 Euro auf 50 Euro angehoben (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG).

Degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter: Erneut wird die degressive Abschreibung eingeführt, und zwar für bewegliche Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum vom 1.4.2024 bis 31.12.2024 angeschafft oder hergestellt werden. Der bei der degressiven AfA anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweifache des Prozentsatzes der linearen AfA betragen und 20 Prozent nicht übersteigen. Die degressive AfA ist nur bei Wirtschaftsgütern des beweglichen Anlagevermögens zulässig, gilt also nur bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und Land- und Forstwirtschaft. Die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter kommt nicht in Betracht bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 7 Abs. 2 EStG).

Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG: Kleine und mittlere Betriebe können unter bestimmten Voraussetzungen für bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden vier Jahren neben der normalen Abschreibung Sonderabschreibungen bis zu 20 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend machen. Dies gilt für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 Euro im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten (§ 7g Abs. 5 EStG). Ab 2024 wird die Sonderabschreibung nach § 7g EStG von 20 Prozent auf 40 Prozent erhöht. Begünstigt sind abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die ab dem 1.1.2024 angeschafft oder hergestellt werden.

Thesaurierungsbegünstigung: Sind in dem zu versteuernden Einkommen von bestimmten Personenunternehmen nicht entnommene Gewinne enthalten, wird die Einkommensteuer für diese Gewinne auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise mit einem Steuersatz von 28,25 Prozent berechnet (§ 34a EStG). Ab dem 1.1.2024 gibt es zahlreiche Verbesserungen bei der Thesaurierungsbegünstigung des § 34a EStG.

Elektronische Rechnung: Derzeit ist im Umsatzsteuergesetz der Vorrang der Papierrechnung vor der elektronischen Rechnung (eRechnung) geregelt. Ausstellung und Empfang einer eRechnung sind nur vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers möglich (§ 14 UStG). Ab dem 1.1.2025 wird der Vorrang der Papierrechnung gestrichen und die Pflicht zur elektronischen Rechnung zwischen Unternehmen eingeführt. Die Ausstellung einer eRechnung ist nicht (mehr) von einer Zustimmung des Rechnungsempfängers abhängig. Allerdings gibt es verschiedene Übergangsregelungen. Im Einzelnen: Ab dem 1.1.2025 wird unterschieden zwischen elektronischen Rechnungen (eRechnungen) und sonstigen Rechnungen. Die neuen Definitionen gelten bereits ab dem 1.1.2025, auch wenn die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung de facto erst später greift.

- Als elektronische Rechnung gilt nur noch eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Sie muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung gemäß EU-Richtlinie 2014/55/EU entsprechen und damit der Norm EN16931 (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 UStG). Alternativ können Rechnungsaussteller und -empfänger eine Vereinbarung über das genutzte E-Rechnungsformat schließen. Doch auch dann muss das Format die richtige und vollständige Extraktion der erforderlichen Angaben gemäß der Richtlinie 2014/55/EU ermöglichen oder mit dieser interoperabel sein (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UStG).

- Unter den Begriff der sonstigen Rechnung fallen Papierrechnungen, aber auch Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format übermittelt werden. Eine per E-Mail versandte PDF-Rechnung gilt demnach ab 2025 nicht mehr als elektronische Rechnung. Geregelt wird auch, wann die Verwendung einer "sonstigen Rechnung" möglich bleibt (§ 14 Abs. 2 UStG).

Die obligatorische eRechnung betrifft nur inländische Umsätze im zwischenunternehmerischen Bereich. Also werden in Deutschland ansässige Unternehmer für ihre steuerpflichtigen Umsätze zur Ausstellung einer eRechnung verpflichtet, wenn diese Umsätze an andere in Deutschland ansässige Unternehmer für deren Unternehmen erbracht werden. Für Umsätze an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten und an Endverbraucher gilt keine E-Rechnungspflicht.

Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnungstellung gilt ab 1.1.2025. Angesichts des zu erwartenden hohen Umsetzungsaufwandes für die Unternehmen hat der Gesetzgeber jedoch Übergangsregelungen für die Jahre 2025 bis 2027 vorgesehen:

- Bei Umsätzen, die zwischen dem 1.1. 2025 und dem 31.12.2026 ausgeführt werden, kann statt einer eRechnung auch eine sonstige Rechnung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden. Bei Ausstellung einer sonstigen Rechnung in einem elektronischen Format bedarf es jedoch der Zustimmung des Empfängers (§ 27 Abs. 38 Satz 1 Nr. 1 UStG).

- Bei Umsätzen, die zwischen dem 1.1. 2027 und dem 31.12.2027 ausgeführt werden, kann statt einer eRechnung auch eine sonstige Rechnung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden, wenn der Gesamtumsatz des die Rechnung ausstellenden Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen hat (§ 27 Abs. 38 Satz 1 Nr. 2 UStG).

- Bei Umsätzen, die zwischen dem 1.1.2026 und dem 31.12.2027 ausgeführt werden, kann statt einer eRechnung auch eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden, wenn diese mittels dem elektronischen Datenaustausch nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19.10.1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches übermittelt wird (so genannte EDI-Rechnung). Dies bedarf der Zustimmung des Empfängers (§ 27 Abs. 38 Satz 1 Nr. 3 UStG).

Inländische unternehmerische Rechnungsempfänger müssen trotz der Übergangsfristen praktisch bereits ab 1.1.2025 in der Lage sein, eRechnungen nach den neuen Vorgaben empfangen und verarbeiten zu können. Anders als bisher ist die elektronische Rechnungstellung nicht an eine Zustimmung des Rechnungsempfängers geknüpft. Diese ist nur noch für elektronische Rechnungen erforderlich, die nicht den neuen Vorgaben entsprechen bzw. in den Fällen, in denen keine E-Rechnungspflicht besteht (z.B. bei bestimmten steuerfreien Umsätzen oder Kleinbetragsrechnungen). Bei Rechnungen an Endverbraucher bleibt deren Zustimmung Voraussetzung für die elektronische Rechnungstellung.

Nicht in jedem Fall ist eine eRechnung verpflichtend. So können z.B. Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro weiterhin als "sonstige Rechnungen" übermittelt werden, also z.B. in Papierform oder als PDF-Dokument (§ 33 Abs. 4 UStDV). Gleiches gilt für Fahrausweise (§ 34 UStDV).

Umsatzsteuer-Voranmeldung: Unternehmer können vom Finanzamt von der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Entrichtung der Vorauszahlungen befreit werden, wenn die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro betragen hat. Sie müssen dann nur eine Jahres-Umsatzsteuererklärung abgeben. Ab dem Besteuerungszeitraum 2025 wird der Schwellenwert auf 2.000 Euro angehoben, sodass mehr Unternehmer lediglich jährlich eine Jahres-Umsatzsteuererklärung abgeben müssen (§ 18 Abs. 2 Satz 3 UStG).

Kleinunternehmer: Unternehmer, die die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, müssen zwar grundsätzlich keine Umsatzsteuer-Voranmeldung übermitteln, aber dennoch eine Jahres-Umsatzsteuererklärung abgeben. Ab dem Besteuerungszeitraum 2024 werden Kleinunternehmer auch von der Übermittlung der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr befreit. Die Erklärungspflicht besteht jedoch weiter, falls der Kleinunternehmer vom Finanzamt zur Abgabe aufgefordert wird (§ 18 Abs. 3 und § 19 Abs.1 Satz 4 UStG). Neu ist zudem, dass der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung bis zum Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamt erklärt werden kann (§ 19 Abs. 2 UStG).

Ist-Besteuerung: Ab dem 1.1.2024 wird die Grenze für die Wahl zur Ist-Besteuerung, also die Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt nach vereinbarten Entgelten, von 600.000 Euro auf 800.000 Euro angehoben (§ 20 Satz 1 Nr. 1 UStG).

Grenzen für die Buchführungspflicht: Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte, die für den einzelnen Betrieb einen Gesamtumsatz von mehr als 600.000 Euro im Kalenderjahr erzielen, sind verpflichtet, Bücher zu führen. Dieser Schwellenwert wird auf 800.000 Euro erhöht. Eine Buchführungspflicht entsteht auch ab einem Gewinn in Höhe von 60.000 Euro. Diese Betragsgrenze wird auf 80.000 Euro angehoben. Dies gilt zwar erst für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen. Doch eine Übergangsregelung sieht vor, dass vom Finanzamt keine Mitteilung über die Aufforderung zur Buchführungspflicht versandt werden soll, wenn nach bisherigem Recht in 2023 wegen Überschreitens der Grenzen eine Buchführungspflicht bestehen würde, nicht jedoch nach neuem Recht. Somit ist der neue Grenzwert faktisch bereits für das Jahr 2023 anwendbar. Stets zur Buchführung verpflichtet sind und bleiben, unabhängig von einer Umsatz- oder Gewinngrenze, Kaufleute im Sinne der §§ 1 ff. i.V.m. § 238 HGB.

02.05.2024
Direktversicherung: Besteuerung von Kapitalabfindungen auf dem Prüfstand

Wird eine Direktversicherung in einer Summe ausgezahlt, ist die Kapitalabfindung bei den sonstigen Einkünften in voller Höhe zu versteuern, falls die Beiträge bei Einzahlung steuerfrei waren (§ 22 Nr. 5 EStG). Es kommt nicht einmal die so genannte Fünftel-Regelung zum Tragen, die wenigstens zu einer geringen Minderung des Steuersatzes führen würde - zumindest gilt dies, wenn bereits in der ursprünglichen Versorgungsregelung ein Kapitalwahlrecht enthalten ist. In diesem Sinne hat das Finanzgericht Münster nun zweimal geurteilt; es hat gegen die volle Besteuerung der Einmalzahlung aus einer Direktversicherung auch keine verfassungsmäßigen Bedenken (Gerichtsbescheid vom 29.10.2020, 15 K 1271/16 E; Urteil vom 24.10.2023, 1 K 1990/22 E). Allerdings muss sich nun der Bundesfinanzhof der Sache annehmen, denn die unterlegene Klägerin hat in dem zuletzt entschiedenen Fall die Revision eingelegt. Das Az. des BFH lautet X R 25/23.

Der Sachverhalt, der dem betreffenden Urteil des FG Münster zugrunde lag: Die Klägerin hatte mit ihrem damaligen Arbeitgeber im Jahr 2005 die Umwandlung eines Teils ihres Gehalts in Beiträge zu einer Direktversicherung nach dem BetrAVG vereinbart. Die Gehaltsumwandlung sollte nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei sein. Der Arbeitgeber schloss daraufhin für die Klägerin eine solche Versicherung mit einer Beitragszahlungsdauer von 14 Jahren ab. Danach sollte an die Klägerin eine lebenslängliche monatliche Rente gezahlt werden oder auf Antrag eine einmalige Kapitalabfindung erfolgen. Im Streitjahr 2019 übte die Klägerin das Kapitalwahlrecht aus und erhielt ca. 44.500 Euro ausbezahlt. Diesen Betrag behandelte das Finanzamt als steuerpflichtige Rente nach § 22 Nr. 5 EStG und besteuerte ihn mit dem regulären Steuersatz. Die Klägerin beantragte dagegen die Anwendung der Tarifermäßigung ("Fünftel-Regelung"). Finanzamt und Finanzgericht ließen jedoch keine Ermäßigung zu. Begründung: Für eine ermäßigte Besteuerung bedürfe es einer "Außerordentlichkeit" der Einkünfte. Hieran fehle es im Streitfall. Eine Kapitalauszahlung sei nur dann außerordentlich, wenn das Kapitalwahlrecht lediglich in atypischen Einzelfällen ausgeübt wird. Dafür bedürfe es aber statistischen Materials von Organisationen und Verbänden der Anbieter. Dieses liege jedoch nicht vor. Die Nachweispflicht liege insofern bei der Steuerpflichtigen.

29.04.2024
Ausbildungskredit: Darlehenserlass nach dem AFBG doch steuerpflichtig

Nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) werden bestimmte Qualifizierungsmaßnahmen gefördert, etwa ein Fortbildungsabschluss zum Handwerks- und Industriemeister. Die Förderung umfasst auch zinsgünstige Darlehen. Wer einen Kredit für eine Fortbildung aufnimmt, kann die Zinsen steuerlich als Werbungskosten geltend machen. Was aber passiert, wenn nach erfolgreichem Bestehen der Prüfung das Darlehen teilweise erlassen wird? Das Niedersächsische Finanzgericht hatte entschieden, dass der Darlehenserlass keine Einnahme ist und deshalb steuerfrei bleibt (Urteil vom 31.3.2021,14 K 47/20). Doch der Bundesfinanzhof hat das positive Urteil nun im Revisionsverfahren verworfen (BFH-Urteil vom 23.11.2023, VI R 9/21).

Die Klägerin nahm an so genannten Aufstiegsfortbildungen teil, die von der Investitions- und Förderbank Niedersachsen mit Zuschüssen und Darlehen für die Kosten der Lehrveranstaltungen gefördert wurden. Die Darlehen wurden der Klägerin auf ihren Antrag von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt. In den Bedingungen war vorgesehen, dass dem Darlehensnehmer bei Bestehen der Fortbildungsprüfung ein bestimmter Prozentsatz des zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig gewordenen Darlehens für die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren erlassen wird. Die Kosten der Lehrveranstaltungen - teilweise gekürzt um die Zuschüsse - erkannte das Finanzamt in den Jahren 2014 und 2015 als Werbungskosten an. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Fortbildungen erließ die KfW der Klägerin im Streitjahr (2018) 40 Prozent der noch valutierenden Darlehen. Das Finanzamt erhöhte den Bruttoarbeitslohn der Klägerin für das Streitjahr um diesen Erlassbetrag. Der BFH bestätigte dieses Vorgehen.

Die Erstattung von Aufwendungen, die als Werbungskosten abgezogen wurden, sind als Einnahme bei der Einkunftsart zu erfassen, bei der die Werbungskosten früher abgezogen wurden. So sei auch bei den teilweisen Erlassen der valutierenden Darlehen seitens der KfW vorzugehen. Zum einen habe die Klägerin die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren in den Vorjahren als Werbungskosten abgesetzt. Zum anderen beruhe der nach dem AFBG gewährte Darlehenserlass auf Gründen, die mit dem Beruf zusammenhingen. Denn der Erlass hänge allein vom Bestehen der Abschlussprüfung und nicht von der finanziellen Bedürftigkeit oder den persönlichen Lebensumständen des Darlehensnehmers ab und sei zudem der Höhe nach an dem konkreten Darlehen ausgerichtet (Quelle: BFH, Mitteilung vom 15.2.2024).

27.04.2024
Grundstücksverkauf: Kein Abzug einer Vorfälligkeitsentschädigung

Wer eine vermietete Immobilie verkauft, auf der noch Darlehen ruhen, löst die Kredite oftmals mit dem Veräußerungserlös ab, selbst wenn er dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss. Das Finanzgericht hat sich kürzlich mit der Frage befasst, ob die Vorfälligkeitsentschädigung noch bei den Werbungskosten des Vermietungsobjekts abgezogen werden darf. Leider hat es den Abzug nicht zugelassen. Dennoch sind die Ausführungen in dem Urteil von Interesse und sollen daher kurz vorgestellt werden (FG Köln, Urteil vom 19.10.2023, 11 K 1802/22).

Der Sachverhalt: Der Kläger hatte Mitte 2018 ein Mietshaus veräußert, das er 2006 angeschafft hatte. Mit dem Verkaufserlös tilgte er ein Darlehen, das seinerzeit der Finanzierung der Immobilie diente, und zahlte eine Vorfälligkeitsentschädigung. Mit dem überschießenden Restbetrag des Veräußerungserlöses wurden die Darlehen von übrigen Vermietungsobjekten teilweise zurückgeführt, so dass sich deren Zinslast insoweit in den Folgejahren reduzierte. Der Kläger war der Auffassung, dass für die Vorfälligkeitsentschädigung daher ein Werbungskostenabzug zulässig sei. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht widersprachen dem jedoch. Begründung: Die vom Kläger gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung stehe nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit "Einkünften", denn mit dem Verkauf der Immobilie konnten keine Vermietungseinkünfte mehr erzielt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines der Einkunftserzielung dienenden Objektes zu beurteilen wäre, seien indes ebenfalls nicht ersichtlich. Die bloße "Rückführung" von Darlehen der anderen Objekte reichte dem FG Köln für die Annahme eines wirtschaftlichen Zusammenhangs nicht aus.

Praxistipp:
Wie erwähnt war das Urteil für den Steuerpflichtigen negativ. Bemerkenswert ist aber, dass sich die Richter überhaupt mit der Frage befasst haben, ob die Vorfälligkeitsentschädigung im Zusammenhang mit einem anderen Objekt hätte stehen können. Der Bundesfinanzhof hatte nämlich - in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung - entschieden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung, die mit der Ablösung eines Darlehens des veräußerten Objekts zusammenhängt, wirtschaftlich nicht mit einem anderen Objekt in Verbindung gebracht werden kann. Sie kann also grundsätzlich nicht bei einem anderen Objekt abziehbar sein (z.B. BFH-Urteil vom 11.2.2014, IX R 42/13 ). Das FG Köln beschäftigt sich jedoch auch mit der früheren Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 23.4.1996, IX R 5/94) und führt aus, dass sich ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durchaus wieder ergeben könne, wenn der Steuerpflichtige "im Vorhinein so unwiderruflich über den verbleibenden Restkaufpreis verfügt, dass er unmittelbar in seiner Verwendung zum Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit einem bestimmten Objekt festlegt …".

Praxistipp:
Erfolgt der Verkauf einer vermieteten Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung, ist der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig. In diesem Fall ist die Vorfälligkeitsentschädigung den Veräußerungskosten zuzurechnen und vermindert einen eventuellen "Spekulationsgewinn".

25.04.2024
Umsatzsteuer: Befreiung für Unterrichtsleistungen bald leichter möglich?

Ob Leistungen von Bildungseinrichtungen und selbstständigen Lehrern umsatzsteuerfrei sind, ist oftmals streitbefangen. Das deutsche Umsatzsteuerrecht hat für die Steuerfreiheit enge Grenzen gezogen, während das EU-Recht zuweilen großzügiger ist. Der Streit richtet sich zum einen um die Frage, ob die Leistungen überhaupt dem Grunde nach befreit sein können. Zudem geht es um die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. In dem zweiten Punkt könnte bald eine Lockerung eintreten, denn die EU-Kommission ist der Auffassung, dass Deutschland insoweit überbordende Anforderungen an die Steuerpflichtigen stellt. Die EU-Kommission führt diesbezüglich in ihrer Pressemitteilung vom 7.2.2024 aus:

Nach der Mehrwertsteuerrichtlinie sind die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht von der Mehrwertsteuer zu befreien. Die Mitgliedstaaten dürfen nur weitere Bedingungen stellen, um eine korrekte und einfache Anwendung dieser Befreiung zu gewährleisten und Steuerhinterziehung, Steuerumgehung oder Missbrauch zu verhindern. Dies muss so erfolgen, dass Steuerpflichtige, die ein Recht auf eine Mehrwertsteuerbefreiung haben, diese auch wirksam in Anspruch nehmen können. In Deutschland müssen Privatlehrer aber eine Bescheinigung vorlegen, um in den Genuss der Mehrwertsteuerbefreiung zu kommen. Aus dieser von der zuständigen Landesbehörde auszustellenden Bescheinigung muss hervorgehen, dass die Unterrichtsleistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereiten.

Dieses Erfordernis steht nach Ansicht der EU-Kommission nicht im Einklang mit dem EU-Recht in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof. Somit verstößt Deutschland nach Auffassung der Kommission gegen seine Verpflichtungen aus der Mehrwertsteuerrichtlinie. Daher hat die Kommission beschlossen, eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Deutschland zu richten, das nun binnen zwei Monaten reagieren und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen muss. Anderenfalls kann die Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen.

Praxistipp:
Wie das Verfahren ausgehen wird und wann überhaupt mit einer endgültigen Entscheidung der EU-Kommission oder des EuGH zu rechnen ist, ist natürlich offen. Betroffene sollten daher auch bis auf Weiteres versuchen, eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde, zumeist der Bezirksregierung, zu erhalten. Gilt der Privatlehrer nicht selbst als Bildungseinrichtung, sondern wird er nur "für" eine solche tätig, benötigt im Übrigen zunächst die Bildungseinrichtung die entsprechende Bescheinigung und muss dann zusätzlich dem Referenten bestätigen, dass sie eine Bildungseinrichtung ist und die Unterrichtsleistung des Unternehmers im begünstigten Bereich der Einrichtung erfolgt. Wichtig ist, dass der Privatlehrer sehr frühzeitig im Besitz dieser Bescheinigung ist (BFH-Beschluss vom 27.07.2021, V R 39/20). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nicht jeder Privatlehrer überhaupt ein Interesse an der Steuerfreiheit hat, denn die Steuerbefreiung für Unterrichtsleistungen würde den Vorsteuerabzug ausschließen.

23.04.2024
Energetische Maßnahmen: Wann beginnt die Förderung bei Ratenzahlung?

Für bestimmte energetische Maßnahmen am Eigenheim wird eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG gewährt. Die Förderung verteilt sich auf drei Jahre. Im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr werden jeweils 7 Prozent der Aufwendungen (maximal 14.000 Euro jährlich), im dritten Jahr 6 Prozent der Aufwendungen (maximal 12.000 Euro) von der Steuerschuld abgezogen. Die Steuerermäßigung ist davon abhängig, dass die Rechnung unbar beglichen, der Rechnungsbetrag also auf ein Konto des Leistungserbringers überwiesen worden ist. Barzahlungen sind nicht begünstigt. Wann gilt eine Maßnahme aber als "abgeschlossen", wenn mit dem ausführenden Unternehmen eine Ratenzahlung, zum Beispiel für den Heizungsaustausch, vereinbart wurde? Liegt ein Abschluss der energetischen Maßnahme im Sinne des § 35c EStG bereits mit der ausgeführten Erneuerung der Heizungsanlage oder erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrages vor? Das heißt: Wann ist die Förderung erstmalig zu gewähren, wenn die Rechnung des Handwerkers über zwei oder drei Jahre verteilt beglichen wird?

Nach wohl überwiegender Auffassung der Finanzämter kommt die Steuerermäßigung erst bei vollständiger Begleichung des Rechnungsbetrages in Betracht. Doch ob dies zutreffend ist, muss nun der Bundesfinanzhof klären. Das Az. des Verfahrens lautet IX R 31/23 (Vorinstanz: FG München, Urteil vom 8.12.2023, 8 K 1534/23). Der zugrunde liegende Sachverhalt: Die Steuerpflichtigen ließen sich im Jahr 2021 eine neue Heizungsanlage in ihrem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude durch einen Handwerksbetrieb einbauen. Zur Begleichung des Rechnungsbetrages wurde eine monatliche Ratenzahlung mit dem ausführenden Betrieb für die Jahre 2021 bis 2024 vereinbart. Offenbar wolle das Finanzamt die Förderung - wenn überhaupt - erst ab 2024 gewähren, jedenfalls noch nicht in 2021.

21.04.2024
Minijobs: Neue Geringfügigkeits-Richtlinien ab 2024

Von Zeit zu Zeit überarbeiten die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger die so genannten Geringfügigkeits-Richtlinien. Hierin nehmen sie zu Zweifelsfragen rund um geringfügig entlohnte Beschäftigungen (Minijobs) und kurzfristigen Beschäftigungen Stellung. Ende letzten Jahres wurden die Geringfügigkeits-Richtlinien überabeitet. Die Minijob-Zentrale weist darauf hin, dass sich im Vergleich zur letzten Fassung der Geringfügigkeits-Richtlinien insbesondere folgende rechtliche Änderungen ergeben haben:

- Erhöhung der Minijob-Grenze: Seit Oktober 2022 ist die Minijob-Grenze dynamisch und an den gesetzlichen Mindestlohn gekoppelt. Das bedeutet, dass sich die Verdienstgrenze immer erhöht, wenn der Mindestlohn steigt. Mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,41 Euro pro Stunde wurde die Minijob-Grenze zum 1. Januar 2024 entsprechend auf 538 Euro im Monat erhöht. Im Jahr 2025 erhöht sich der Mindestlohn auf 12,82 Euro. Die Minijob-Grenze beträgt dann 556 Euro.

- Wegfall der Übergangsregelungen für Beschäftigungen mit einem Verdienst von 450,01 bis 520 Euro im Monat: Für Beschäftigungen mit einem Verdienst von 450,01 bis 520 Euro im Monat galten bis zum 31. Dezember 2023 besondere Übergangsregelungen. Diese Regelungen sind zum 1. Januar 2024 entfallen.

Praxistipp:
Mit der Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze ab 1. Oktober 2022 wurde der Übergangsbereich auf Verdienste von 520,01 Euro bis 1.600 Euro (ab 1. Januar 2023 bis 2.000 Euro) angehoben. Für Beschäftigungen mit einem Arbeitslohn von 450,01 Euro bis 520 Euro, die bis 30. September 2022 versicherungspflichtig im Übergangsbereich ausgeübt worden sind, gab es jedoch Bestandsschutzregelungen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Diese Bestandsschutzregelungen sahen den Fortbestand der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bis längstens Ende 2023 vor. Sofern Beschäftigte von diesen Bestandsschutzregelungen Gebrauch gemacht haben, endete die Versicherungspflicht am 31. Dezember 2023. Die neuen Geringfügigkeits-Richtlinien vom 14.12.2023 sind unter folgendem Link abrufbar:
https://www.minijob-zentrale.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rundschreiben/Geringf%C3%BCgigkeitsrichtlinien-2023.html

19.04.2024
Behinderungsgerechter Umbau: Mieterhöhung ist außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des Eigenheims stellen grundsätzlich außergewöhnliche Belastungen dar, die das zu versteuernde Einkommen - nach Abzug einer zumutbaren Belastung - mindern (§ 33 Abs. 1 EStG). Das Finanzgericht München hat entschieden, dass auch ein Mieter die Erhöhung der jährlichen Miete als außergewöhnliche Belastung abziehen kann, wenn sein Vermieter den Umbau wegen der Behinderung seines Mieters veranlasst hat und er die Kosten dann über die Miete "umlegt" (FG München, Urteil vom 27.10.2022, 10 K 3292/18). Wie die abziehbare Mieterhöhung konkret berechnet wird, ist allerdings noch streitig und beschäftigt nun den Bundesfinanzhof (Az. VI R 15/23).

Der Sohn der Kläger leidet seit seiner Geburt im Jahre 2003 an einer spinalen Muskelatrophie und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Eltern wohnen bereits seit 1998 in einem angemieteten Wohnhaus. Dieses gehörte einer GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter der Vater war. Im Jahr 2009 ließ die GmbH auf eigene Kosten einen behinderungsgerechten Umbau des Wohnhauses vornehmen. Die Baukosten betrugen insgesamt 297.511,17 Euro. Die Kläger und die GmbH änderten den Mietvertrag aufgrund des Umbaus ab Oktober 2009 dahingehend ab, dass die monatliche Miete inklusive Nebenkosten auf 2.250 Euro erhöht wurde. Das entsprach einer monatlichen Mehrmiete von 1.208,16 Euro. In ihren darauf folgenden Einkommensteuererklärungen machten die Kläger daher außergewöhnliche Belastungen in Form dieser Mehrmiete in Höhe von jährlich jeweils 14.498 Euro (1.208,16 Euro × 12) geltend.

Das Finanzamt und auch das Finanzgericht sahen in der behinderungsbedingten Mehrmiete unstreitig eine außergewöhnliche Belastung. Sie zogen aber nur 7.128 Euro pro Jahr ab. Es sei nämlich zunächst darauf abzustellen, in welcher Höhe die Baukosten angemessen, das heißt zwingend notwendig gewesen wären. Diese wurden per Gutachten lediglich mit 148.500 Euro ermittelt. Nach Auffassung der Sachverständigen habe es für bestimmte Maßnahmen eine kostengünstigere Alternative zum Umbau, den der Vermieter vorgenommen hat, gegeben. Abzugsfähig sei dann (nur) eine übliche jährliche Verzinsung dieses Betrages. Bei einer Verzinsung der angemessenen Baukosten von 148.500 Euro mit 4,8 Prozent ergäben sich im Streitfall jährliche außergewöhnliche Belastungen in Form einer behinderungsbedingten jährlichen Mehrmiete in Höhe von 7.128 Euro.

Praxistipp:
Ob die Berechnung des Finanzamts und des Finanzgerichts korrekt ist, muss nun der BFH entscheiden. Da der Vater Mehrheitsgesellschafter der GmbH war, wird es in der Revision auch um die Frage einer - eventuellen - verdeckten Gewinnausschüttung gehen.

17.04.2024
Umsatzsteuer: Zum Vorsteuerabzug aus Zuschüssen an Kantinenbetreiber

Arbeitgeber, die Fremdunternehmen mit dem Betrieb ihrer jeweiligen Kantine beauftragen, zahlen an diese oft Zuschüsse, damit die Caterer kostendeckend arbeiten können. Die Modalitäten, nach denen die Zuschüsse berechnet werden, sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von pauschalen monatlichen Zuschüssen bis hin zu Einzelzuschüssen entsprechend der ausgegeben Mahlzeiten. Doch allen Zuschüssen ist gemein, dass die Finanzverwaltung grundsätzlich den Vorsteuerabzug aus den Zahlungen verweigern will. Die Begründung liegt darin, dass die Abgabe von verbilligten Mahlzeiten vorrangig den privaten Interessen der Arbeitnehmer dient. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat allerdings entschieden, dass dem Arbeitgeber doch ein Vorsteuerabzug aus den Zuschüssen zu gewähren sein kann - nämlich dann, wenn ein vorrangiges unternehmerisches Interesse gegeben ist. Das FG Düsseldorf hat die Aussagen dieses Urteils bestätigt, auch wenn es den Vorsteuerabzug im konkreten Fall verweigert hat (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 6.10.2022, 12 K 2971/20; FG Düsseldorf, Urteil vom 18.8.2023, 1 K 2107/20 U)

Im Fall aus Baden-Württemberg ging es um ein im Schichtbetrieb produzierendes Unternehmen. Der Arbeitgeber konnte glaubhaft machen, dass ein hohes eigenunternehmerisches Interesse an der Verköstigung der Arbeitnehmer bestand. Dazu gehörten die Lage des Unternehmens und die erschwerte Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die Betriebsart (Produktionsbetrieb) und die Betriebsführung. Von Bedeutung war insbesondere, dass die Pausenreglements und der Stillstand der Fertigungslinien während der Pausen aufeinander abgestimmt waren. Die Kantinenbewirtschaftung innerhalb des Betriebsgeländes diente auch den kurzen Wegen zwischen Produktion, Kantine und Aufenthaltsräumen. Das Gericht ließ den Vorsteuerabzug daher zu.

Im Fall des FG Düsseldorf ging es um ein Logistikunternehmen. Dieses sah ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse an der Kantinenbewirtschaftung darin, dass die Lagerarbeiter in zwei Schichten arbeiten würden. Zudem gebe es am Sitz der Klägerin für die Mitarbeiter keine andere Möglichkeit der Verköstigung. Derartig pauschale Aussagen reichten dem Gericht allerdings nicht aus, auch wenn es die Rechtsprechung des FG Baden-Württemberg durchaus anerkennt. Das Gericht verlangt bei der Prüfung des überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses einen strengen Prüfungsmaßstab.

Praxistipp:
Trotz des Urteils des FG Baden-Württemberg wird es nur in wenigen Fällen möglich sein, den Vorsteuerabzug aus Zuschüssen für die Kantinenbewirtschaftung zu erreichen. Um aber überhaupt eine geringe Chance zu haben, muss sehr detailliert geschildert werden, dass beispielsweise die Produktion und das Pausenreglement genau aufeinander abgestimmt sind. Zudem muss verdeutlicht werden, dass die Umstände der Betriebsführung so besonders sind, dass sie nicht auch auf viele andere Unternehmen zutreffen. Der Hinweis, dass sich aus dem Betrieb der Kantine ein Wettbewerbsvorteil ergebe, reicht für sich genommen nicht aus.

16.04.2024
Grundstücksverkauf: Steuerfreiheit der Veräußerung von Nachlassvermögen

Wird eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren an- und wieder verkauft, unterliegt der erzielte Gewinn der Einkommensteuer. Steuerfrei bleibt unter bestimmten Voraussetzungen lediglich ein Gewinn aus dem Verkauf des selbstgenutzten Eigenheims. Wie ist aber der Fall zu beurteilen, wenn mehrere Personen eine Immobilie erben, einer der Miterben im Anschluss die anderen Anteile hinzuerwirbt und das komplette Grundstück bereits kurze Zeit nach dem Hinzuerwerb mit Gewinn veräußert? Jüngst hat der Bundesfinanzhof diesbezüglich entschieden: Wird eine zum Nachlass einer Erbengemeinschaft gehörende Immobilie veräußert, fällt hierauf keine Einkommensteuer an. Dies gilt jedenfalls, soweit zuvor ein Anteil an der Erbengemeinschaft verkauft wurde (BFH-Urteil vom 26.9.2023, IX R 13/22).

Der Steuerpflichtige war Mitglied einer aus drei Erben bestehenden Erbengemeinschaft. Zum Vermögen der Erbengemeinschaft gehörten Immobilien. Der Steuerpflichtige kaufte die Anteile der beiden Miterben an der Erbengemeinschaft und veräußerte anschließend die Immobilien innerhalb der Zehn-Jahres-Frist nach dem Hinzuerwerb von den Miterben. Das Finanzamt besteuerte diesen Verkauf gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG als "Spekulationsgeschäft". Der BFH ist dem entgegengetreten. Begründung: Voraussetzung für die Besteuerung ist, dass das veräußerte Vermögen zuvor auch "angeschafft" wurde. Dies ist im Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens nicht der Fall. Der Kläger hat lediglich Erbanteile erworben, mithin die quotenmäßig bestimmte Teilhaberschaft an der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Eine gesamthänderische Beteiligung ist aber kein Grundstück und auch kein Recht, das den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegt. Später hat der Kläger aber ein Grundstück verkauft. Damit besteht keine Nämlichkeit zwischen dem angeschafften und dem veräußerten Wirtschaftsgut.

Praxistipp:
Mit seiner Entscheidung hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung geändert und ist der Auffassung der Finanzverwaltung entgegengetreten.

15.04.2024
Bereitgestellt durch:
Logo

Alle Angaben ohne Gewähr.