Der Verkauf einer Immobilie ist nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist einkommensteuerfrei, sieht man einmal von den Fällen ab, in denen sich die Immobilie im Betriebsvermögen befindet oder ein so genannter gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Grundsätzlich gilt die Steuerfreiheit auch, wenn der Verkauf durch eine vermögensverwaltende GbR erfolgt. Allerdings ist Vorsicht angebracht, wenn innerhalb der GbR in den letzten zehn Jahren vor dem Grundstücksverkauf ein Gesellschafterwechsel vollzogen wurde oder aber ein Gesellschafter ausgeschieden und dessen GbR-Anteil den anderen Gesellschaftern "angewachsen" ist. So hat das Niedersächsische Finanzgericht entschieden, dass ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn entstehen kann, wenn sich der Anteil eines GbR-Gesellschafters aufgrund des Ausscheidens eines anderen Gesellschafters aus der GbR erhöht und die GbR eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach diesem Vorgang veräußert. Die so genannte Anwachsung eines Gesellschaftsanteils gilt als separate Anschaffung, für die die Zehn-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 EStG neu zu laufen beginnt (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.5.2023, 4 K 186/20).
Der Kläger war zunächst mit zwei anderen Gesellschaftern seit vielen Jahren an der A-GbR beteiligt. Ein Gesellschafter schied jedoch Ende 2008 aus der GbR aus und erhielt dafür von den verbleibenden Gesellschaftern eine Abfindung. Der Anteil des Klägers erhöhte sich von 25 auf 52 Prozent. In 2014, also sechs Jahre nach dem Ausscheiden des Gesellschafters, veräußerte die A-GbR ein Grundstück, das sie bereits 1991 angeschafft und bisher verpachtet hatte. Das Finanzamt versteuerte beim Kläger einen Spekulationsgewinn aus dem Grundstücksverkauf. Es liege ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vor. Die Erhöhung der Beteiligung an der A-GbR (Anwachsung) sei als separate Anschaffung zu werten. Da zwischen dem Grundstücksverkauf und der Anschaffung nicht mehr als zehn Jahre gelegen hätten, sei insoweit ein (anteiliges) Spekulationsgeschäft gegeben. Das Finanzgericht sieht dies in der Sache genauso, auch wenn es letztlich die Höhe des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns gemindert hat.
Begründung: Infolge der Anwachsung habe der Kläger einen weiteren Anteil an der A-GbR erworben, was gemäß
§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG als anteilige Anschaffung des Wirtschaftsguts Grundstück gilt. Da die Veräußerung des Grundstücks durch die A-GbR innerhalb von zehn Jahren nach dem Hinzuerwerb des Anteils erfolgte, lag eine entsprechende (anteilige) Steuerpflicht vor. Der Wortlaut des § 23 Abs. 1 erfasse auch die Aufstockung einer schon vorhandenen Beteiligung.
Praxistipp:
Soweit ersichtlich ist das Urteil rechtskräftig geworden, obwohl das Finanzgericht die Revision zugelassen hatte.
EU-Taxameter und Wegstreckenzähler sind elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne der Kassensicherungsverordnung. Die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen. Zur Frage, ab welchem Zeitpunkt die TSE spätestens zu installieren ist, hat das Bundesfinanzministerium folgende Nichtbeanstandungsregelung erlassen (BMF-Schreiben vom 13.10.2023, IV D 2-S 0319/20/10002 :010): Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen sind zwar umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen. Zur Umsetzung einer flächendeckenden Aufrüstung wird es aber nicht beanstandet, wenn diese elektronischen Aufzeichnungssysteme längstens bis zum 31. Dezember 2025 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Die Belegausgabepflicht nach § 146a Abs. 2 AO bleibt hiervon unberührt.
Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für EU-Taxameter und Wegstreckenzähler - DSFinV-TW - findet bis zur Implementierung der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, längstens für den Zeitraum der Nichtbeanstandung, keine Anwendung. Die Meldeverpflichtung nach § 9 Abs. 3 KassenSichV für die Inanspruchnahme der Übergangsregelung für EU-Taxameter mit INSIKA-Technologie findet ebenfalls längstens für den Zeitraum der Nichtbeanstandung keine Anwendung. Von der Mitteilung nach § 146a Abs. 4 AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen.
Kosten für die Beerdigung eines nahen Angehörigen sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Voraussetzung für den Abzug ist zum einen, dass die Kostenübernahme aus rechtlichen oder sittlichen Gründen zwangsläufig erfolgt und zum anderen, dass die Kosten nicht aus dem Nachlass bestritten werden können und auch nicht durch Versicherungs- oder sonstige Ersatzleistungen gedeckt sind. Zudem wirken sie sich nur aus, soweit die zumutbare Belastung überschritten ist. Wie der Bundesfinanzhof nun entschieden hat, mindert das dem Erben gezahlte Sterbegeld die abzugsfähigen außergewöhnlichen Belastungen aber nicht, wenn es schon versteuert werden muss (BFH-Beschluss vom 15.6.2023, VI R 33/20).
Im Jahre 2021 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass das pauschale Sterbegeld aus der Beamtenversorgung, das nach den Dienstbezügen bzw. dem Ruhegehalt des Verstorbenen bemessen ist, als Versorgungsbezug zu versteuern ist (BFH-Urteil vom 19.4.2021, VI R 8/19). Zuvor hatte der BFH bereits entschieden, dass ein Sterbegeld aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) auch dann einkommensteuerpflichtig ist, wenn es mangels lebender Bezugsberechtigter nicht an die Bezugsberechtigten i.S. des BetrAVG, sondern ersatzweise an die Erben gezahlt wird (BFH-Urteil vom 5.11.2019, X R 38/18).
Immerhin: Wenn das Sterbegeld schon versteuert werden muss, darf es nicht die Beerdigungskosten mindern, die von den Hinterbliebenen getragen werden und die diese als außergewöhnliche Belastungen geltend machen können. Lediglich der steuerfreie Versorgungsfreibetrag ist von den Beerdigungskosten abzuziehen. Begründung: Werden außergewöhnliche Belastungen aus zu versteuerndem Einkommen geleistet, sind die entsprechenden Aufwendungen ohne Anrechnung der zu versteuernden Beträge nach § 33 EStG abziehbar. Denn eine (auch nur teilweise) Anrechnung der zu versteuernden Leistung auf die nach § 33 EStG abziehbare außergewöhnliche Belastung hätte eine unzulässige doppelte steuerliche Belastung des Steuerpflichtigen zur Folge.
Die Höhe des Beitrages zur Sozialversicherung ist für jeden Arbeitnehmer grundsätzlich einzeln zu ermitteln; entsprechende Aufzeichnungen (Entgeltunterlagen) sind für jeden Mitarbeiter gesondert zu führen. Zuweilen "verstoßen" Arbeitgeber jedoch gegen die Aufzeichnungspflichten, etwa weil sie davon ausgehen, dass eine bestimmte Leistung überhaupt nicht der Sozialversicherung unterliegt. Wird ein solcher Verstoß von den Prüfern der Sozialversicherung bemängelt und ist eine Zuordnung des - nun der Sozialversicherung unterliegenden - Vorteils nicht getrennt möglich, können die Beiträge "von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte" geltend gemacht werden. Vielfach werden die zusätzlichen Arbeitsentgelte geschätzt und gegenüber dem Arbeitgeber mittels eines so genannten Summenbeitragsbescheides festgesetzt (§ 28 f SGB IV). Zugunsten der Betroffenen hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Zahlungen des Arbeitgebers an die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) aufgrund eines solchen Bescheides nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führen (BFH-Urteil vom 15.6.2023, VI R 27/20).
Der Sachverhalt: Der Arbeitgeber hatte seine Arbeitnehmer beispielsweise zu einem "Get-Together" im Rahmen einer Schulungsveranstaltung eingeladen und dabei eine Band engagiert. Diese Zuwendungen sind nach § 37b EStG pauschal besteuert worden. Allerdings wurden diese nicht einzelnen Arbeitnehmern "zugeordnet". Mit der DRV wurde vereinbart, dass die Zuwendungen nicht den einzelnen Lohnkonten zugerechnet, sondern die Sozialversicherungsbeiträge über pauschalierte Summenbescheide erhoben werden. Das Finanzamt wiederum war der Meinung, dass die hierin - sozusagen fiktiv - enthaltenen Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung der Lohnsteuer zu unterwerfen sind. Doch nach Ansicht der BFH-Richter führten die streitigen Zahlungen nicht zu Arbeitslohn. Den Arbeitnehmern fließe durch den Summenbescheid kein Vorteil und folglich kein steuerpflichtiger Arbeitslohn zu, denn es handele sich insoweit nicht um "fremdnützige“ Leistungen zugunsten der Arbeitnehmer, sondern um "systemnützige“ Zahlungen zum Vorteil der Sozialkassen.
Elektronische Aufzeichnungssysteme, zu denen auch digitale Registrierkassen gehören, müssen generell bereits seit dem 1. Januar 2020 über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. So sollen Manipulationen an den digitalen Daten verhindert werden. Zunächst gab es für die Registrierkassen noch gewisse Übergangsfristen und Erleichterungen. Diese sind aber bereits Ende 2022 ausgelaufen. Die Einhaltung der Vorgaben wird in unangekündigten Kassen-Nachschauen der Finanzämter überprüft. Bei diesen Kontrollen wird allgemein geprüft, ob die Kassenaufzeichnungen, welche der Besteuerung unterliegen, ordnungsgemäß geführt werden und nunmehr auch, ob die TSE ordnungsgemäß eingesetzt wird.
„Meist beginnt eine solche Überprüfung mit Testkäufen und einer stillen Beobachtung. Ergeben sich hierbei keine Unregelmäßigkeiten und liegen auch keine anderen Hinweise auf eventuelle Verstöße vor, kann eine Kassen-Nachschau bei TSE-gesicherten Kassen sehr zügig ablaufen“, so die Thüringer Finanzministerin Heike Taubert. Oftmals sei eine Kassen-Nachschau so "geräuschlos“, dass der überprüfte Betrieb die Nachschau gar nicht mitbekommt. In einigen Fällen seien aber tiefgründigere Nachprüfungen nötig. Um die von den Kassensystemen und der TSE erzeugten Daten zu verifizieren, erfolgen die Prüfungen IT-gestützt (Quelle: Thüringer FinMin, Mitteilung vom 22.9.2023).
Praxistipp:
Es gibt keine Pflicht, eine (digitale) Registrierkasse einzusetzen. Betriebsinhaber können auch weiterhin eine offene Ladenkasse führen. Die Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten sind aber dieselben, sie unterliegen strengen Anforderungen. Und die Praxis zeigt, dass die Prüfer der Finanzverwaltung die Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten bei offenen Ladenkassen besonders genau unter die Lupe nehmen.
Praxistipp:
Zur Nichtbeanstandungsregelung bei EU-Taxametern und Wegstreckenzählern beachten Sie bitte die nachfolgende Information.
Wenn ein Kind eine Privatschule besucht, können die Eltern 30 Prozent der Kosten, höchstens 5.000 Euro pro Jahr, als Sonderausgaben abziehen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind (10 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Die darüber hinausgehenden Aufwendungen sind aber nicht abzugsfähig. Wie das Finanzgericht Münster entschieden hat, stellen die Kosten für den Privatschulbesuch eines hochbegabten Kindes auch keine außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG dar (Urteil vom 13.6.2023, 2 K 1045/22 E).
Die Tochter der Kläger besuchte ein staatlich anerkanntes Internatsgymnasium. Dem Internatsbesuch ging ein Schreiben des amtsärztlichen Dienstes voraus, wonach bei ihr eine besondere Lernbegabung und eine sehr hohe Intelligenz vorliege. Diese außerordentlichen intellektuellen Fähigkeiten würden in der Schule keine entsprechende Förderung erhalten. Durch die ständige schulische Unterforderung seien bei der Tochter behandlungsbedürftige psychosomatische Beschwerden aufgetreten, die sich innerhalb eines Jahres zu einem Besorgnis erregenden gesundheitlichen Zustand entwickelten. Aus gesundheitlichen Gründen sei daher der Besuch einer Schule mit individuellen, an die Hochbegabung angepassten Fördermöglichkeiten wie dem Internatsgymnasium amtsärztlich dringend zu befürworten. Die Aufwendungen für den Internatsbesuch machten die Eltern - soweit die gezahlten Schulgelder nicht bereits als Sonderausgaben berücksichtigt wurden - als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das Finanzamt folgte dem nicht. Das FG Münster hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen.
Die Aufwendungen für den Privatschulbesuch seien keine zu berücksichtigenden unmittelbaren Krankheitskosten, sondern Kosten der privaten Lebensführung. Entsprechende Aufwendungen können zwar im Ausnahmefall - unter ganz engen Voraussetzungen - als (unmittelbare) Krankheitskosten angesehen werden. Erforderlich sei dazu aber, dass der Privatschulbesuch zum Zwecke der Heilbehandlung erfolge und dort eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattfinde. Im Streitfall konnte dieser Nachweis nicht erbracht werden. Es sei - trotz des Schreiben des amtsärztlichen Dienstes - nicht ersichtlich, dass der Privatschulbesuch medizinisch indiziert sei und im Internat eine spezielle, unter der Aufsicht medizinisch geschulten Fachpersonals durchgeführte Heilbehandlung stattgefunden habe. Der Schulbesuch sei (auch) im Hinblick auf die Hochbegabung des Kindes erfolgt, die keine Krankheit i.S. des § 33 EStG darstelle, und andere Krankheiten in dem amtsärztlichen Schreiben nicht diagnostiziert worden seien. Der Schulbesuch als solcher könne auch bei günstigen Auswirkungen auf die Krankheit ebenfalls nicht als eigentliche Heilmaßnahme anzusehen sein, da es sich in diesem Fall nicht um unmittelbare Krankheitskosten, sondern um nicht abziehbare Kosten der Vorbeugung bzw. Folge einer Krankheit handele.
Praxistipp:
Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt. Diese ist unter dem Az. VI B 35/23 anhängig (Quelle: FG Münster, Newsletter August 2023).
Das so genannte Wachstumschancengesetz befindet sich derzeit zwar noch in der parlamentarischen Beratung und wird wohl erst im Dezember 2023 verabschiedet. Dennoch möchten wir Sie bereits heute auf eine Änderung aufmerksam machen: Es ist geplant, eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter einzuführen, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2024 angeschafft oder hergestellt werden. Der bei der degressiven AfA anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweieinhalbfache des Prozentsatzes der linearen AfA betragen und 25 Prozent nicht übersteigen. Die degressive AfA ist nur bei Wirtschaftsgütern des beweglichen Anlagevermögens zulässig, gilt also nur bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und Land- und Forstwirtschaft. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich oder durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt wird. Die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter kommt nicht in Betracht bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
27.11.2023Dienstreisen werden zwar zumeist mit dem Firmenwagen, dem privaten Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt, doch manch Arbeitnehmer nutzt auch sein privates Fahrrad für eine Auswärtstätigkeit. Die Bundesregierung wurde gefragt, ob und in welcher Form Aufwendungen für Dienstreisen mit einem privaten Fahrrad steuerlich geltend gemacht werden können. Die Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel lautet (BT-Drucks. 20/7889, S 20): Werden Dienstreisen mit einem privaten Fahrrad des Arbeitnehmers durchgeführt, dürfen die tatsächlich entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten angesetzt oder in dieser Höhe durch den Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Dabei ist der Teilbetrag der jährlichen Gesamtkosten dieses Fahrzeugs anzusetzen, der dem Anteil der zu berücksichtigenden Fahrten an der Jahresfahrleistung entspricht. Der auf Grundlage eines Zeitraums von zwölf Monaten errechnete Kilometersatz kann so lange für jeden beruflich gefahrenen Kilometer angesetzt werden, bis sich die Verhältnisse wesentlich ändern (R 9.5 Absatz 1 Satz 4 LStR).
Anstelle der tatsächlichen Aufwendungen können die Fahrtkosten für eine berufliche Auswärtstätigkeit zwar auch in Höhe der pauschalen Kilometersätze angesetzt werden, die im Bundesreisekostengesetz (BRKG) für das jeweils benutzte Beförderungsmittel als höchste Wegstreckenentschädigung vorgesehen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 2 EStG). In § 5 BRKG sind für folgende Fälle pauschale Kilometersätze vorgesehen: für die Benutzung eines Kraftwagens, z.B. Pkw, 0,30 Euro und für jedes andere motorbetriebene Fahrzeug 0,20 Euro für jeden gefahrenen Kilometer. Für Dienstreisen mit einem privaten Fahrrad sind aber keine Pauschalen vorgesehen, das heißt, es bleibt nur der oben erwähnte Einzelnachweis.
Praxistipp:
Eine Ausnahme gilt lediglich für die so genannten S-Pedelecs, wenn diese als motorgetriebene Fahrzeuge gelten. Hier können unseres Erachtens 0,20 Euro für jeden gefahrenen Kilometer pauschal angesetzt werden. Die herkömmlichen Pedelecs gelten jedoch nicht als motorgetriebenes Fahrzeug.
Für Verluste aus bestimmten Kapitalanlagen, zum Beispiel aus Options- oder Termingeschäften, sieht das Einkommensteuergesetz strikte Beschränkungen bei der Verlustverrechnung vor. Insbesondere Verluste aus spekulativen Anlagen dürfen nicht mit anderen positiven Einkünften, sondern nur mit Gewinnen aus gleichartigen Geschäften verrechnet werden. Gegebenenfalls ist zwar ein Verlustvortrag möglich. Doch auch dann dürfen Verluste nur mit Gewinnen aus gleichartigen Geschäften der Folgejahre verrechnet werden.
Nach Ansicht des Finanzgerichts Köln kann die Beschränkung der Verlustverrechnung im Ausnahmefall eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen, vereinfacht gesagt also einen Steuererlass, rechtfertigen, nämlich dann, wenn der Einzug der Steuern dazu führen würde, dass dem Anleger nicht einmal das Existenzminimum verbliebe (FG Köln, Urteil vom 26.4.2023, 5 K 1403/21). Der zugrundeliegende Sachverhalt: Die Klägerin erlitt Verluste aus Stillhaltergeschäften von rund 390.000 Euro. Wegen einer Verlustausgleichsbeschränkung wurden die Verluste nicht mit den positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet. Dabei hatte die Klägerin beispielsweise nennenswerte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Letztlich wurde Einkommensteuer aufgrund der anderen Einkünfte festgesetzt, die so hoch war, dass sie gemeinsam mit den Kapitalverlusten die positiven Einkünfte aus anderen Einkunftsarten aufzehrte. Auf das Streitjahr bezogen verblieb der Klägerin nicht einmal das Existenzminimum. Daher begehrte sie eine Minderung ihrer Gesamtsteuerbelastung im Wege der "abweichenden Festsetzung der Einkommensteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß § 163 Abs. 1 AO". Das Finanzamt lehnte dies zwar ab, doch die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzamt sei verpflichtet, die Steuer aus Billigkeitsgründen erheblich niedriger festzusetzen als es bislang der Fall war.
Begründung: Der Staat müsse einem Steuerpflichtigen von seinem Erworbenen so viel steuerfrei belassen, wie zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts erforderlich sei (Existenzminimum). Der existenznotwendige Bedarf bilde von Verfassungswegen die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer. Hinsichtlich der Freistellung des Existenzminimums sei keine Gesamtbetrachtung über mehrere Jahre vorzunehmen. Der für den Lebensunterhalt tatsächlich und unabweisbar benötigte Geldbetrag sei vielmehr in jedem Veranlagungsjahr von der Besteuerung auszunehmen. Die Erhebung von Einkommensteuern kann folglich sachlich unbillig sein, wenn die festgesetzte Steuer bei Einbezug tatsächlich abgeflossener, aber aufgrund von Ausgleichsbeschränkungen steuerlich nicht zu berücksichtigender Verluste aus Kapitalanlagen das jährlich steuerfrei zu belassende Existenzminimum übersteigt.
Praxistipp:
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt, die unter dem Az. IX R 18/23 beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
Aufwendungen für die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte dürfen nur mit der Entfernungspauschale steuerlich geltend gemacht werden, während Fahrten zu Auswärtstätigkeiten nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind. Zudem können für Auswärtstätigkeiten Verpflegungspauschalen berücksichtigt werden. Auswärtstätigkeiten liegen vor, wenn jemand außerhalb seiner ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig ist. Die Frage, wo die erste Tätigkeitsstätte liegt, kann beispielsweise bei längerfristigen Abordnungen streitig sein. Das Finanzgericht Nürnberg hat diesbezüglich entschieden, dass eine Soldatin Fahrtkosten vom Wohnort zur Ausbildungsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale abziehen und auch keine Verpflegungsmehraufwendungen ansetzen darf, wenn sie vom militärischen Dienst freigestellt ist, um eine Ausbildung im öffentlichen Dienst zu absolvieren (FG Nürnberg, Urteil vom 8.3.2023, 5 K 211/22).
Die Klägerin war von Anfang 2009 bis Anfang 2021 Soldatin auf Zeit. In der Zeit von 1.9.2019 bis 4.1.2021 war sie vom militärischen Dienst freigestellt und in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen worden. Sie absolvierte in dieser Zeit die Laufbahnausbildung zur Verwaltungssekretärin bei einer Gemeinde (Förderung nach § 5 Soldatenversorgungsgesetz). Sie erhielt ihre Bezüge aber weiter vom Bundesverwaltungsamt. In der Einkommensteuererklärung für 2019 machte die Klägerin hohe Kosten für eine Auswärtstätigkeit geltend. Sie begründet dies damit, dass ihre erste Tätigkeitsstätte weiter in der Stammkaserne gelegen habe. Die erste Tätigkeitsstätte sei nicht aufgegeben worden, so dass die Ausbildung bei der Stadt eine Auswärtstätigkeit darstelle. Finanzamt und Finanzgericht hingegen sahen bei der Gemeinde die erste Tätigkeitsstätte, so dass der Abzug von Dienstreisesätzen für die Fahrtkosten und von Verpflegungspauschalen nicht in Betracht kamen.
Begründung: Mit der Berufung der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Widerruf für die Dauer der Ausbildung mit Wirkung zum 1.9.2019 begründete die Klägerin ein aktives Dienstverhältnis zu der Stadt. Das Dienstverhältnis eines Beamtenanwärters stellt im Grundsatz ein Ausbildungsdienstverhältnis dar. Für die Dauer der Ausbildung bei der Stadt, das heißt vom 1.9.2019 bis zum Ende des Wehrdienstverhältnisses Anfang 2021, stand die Klägerin nicht (mehr) im aktiven Dienst bei der Bundeswehr. An der Dienststelle des Amtes der Stadt übte sie weisungsgemäß innerhalb ihres aktiven Dienstverhältnisses diejenigen Tätigkeiten aus, die sie dienstrechtlich schuldete und die zu dem Berufsbild als Verwaltungssekretärin gehörten. Somit hatte sie dort ihre erste Tätigkeitsstätte und nicht mehr am letzten militärischen Dienstort. Dass die bisherigen, höheren Bezüge weiter durch die Bundeswehr geleistet wurden, steht der Annahme eines aktiven Dienstverhältnisses zu der Gemeinde nicht entgegen.